Sonntag, 12. Oktober 2025

12 von 12 im oktober 2025 - spaziergang durch den steinbruch schümel

ich hätte lust auf thermalbad gehabt, aber dann sah es schon kurz nach zehn so aus, als ob der hochnebel einem sonnigen tag weichen wollte. also planten wir einen kleine runde durch den steinbruch schümel in holderbank und durch den wald zum schloss wildegg. 

 
beim aufbrechen entdeckten wir das auf unserer fussmatte - hier hat uns irgendjemand eine nuss gebracht. und sogar noch für uns geknackt!  

auf der untersten ebene des ehemaligen steinbruchs. (das auto liessen wir auf dem parkplatz am kreisel mit dem ammoniten, da darf man vier stunden parken, das reicht aber gut für die runde. sie ist nur etwas mehr als 4 km lang, aber mit schauen und ein paar kleinen abstechern braucht man mehr als die eine stunde, die die app angibt: https://swisstopo.app/i/5/QY95R4SH

der "schümel" ist heute ein 18 ha grosses naturschutzgebiet, von 1913 bis 1980 wurde es als steinbruch für die holderbank cement und beton genutzt. 

 

hier kann man die falten des jura aus allernächster nähe bestaunen. 

als schiessplatz dient der steinbruch auch noch - wir hatten glück, gestern wäre hier alles gesperrt gewesen, weil schiessbetrieb. heute freuten wir uns an der schnecke auf dem durchfahrtsverbot. 

weiter oben sahen wir dann auch noch gämsen (oder geissen) - vielleicht können sie sie beim vergrössern des bilds finden, sie sind am oberen rand des steinbruchs. 

auf der obersten ebene verliessen wir den steinbruch - nach rechts zweigt ein weg in den wald ab. 


 steil geht es in sicherem abstand zur abbruchkante des steinbruchs im wald bergauf, bis man fast auf dem sattel in richtung lupfig steht (weiter oben hat es auch noch einen grillplatz, hier war, wie auf allen grillplätzen, heute was los). 

wir bogen schon früher rechts ab, auf einen weg, der auf halber höhe immer entlang der bergflanke sanft bergab führt. an den bäumen am wegesrand kann man gut sehen, dass es den weg schon lange gibt. wir fanden am wegesrand eine herkuleskeule, einen seltenen speisepilz, der allerdings eher als rarität als delikatesse gehandelt wird. wir liessen ihn stehen. 

dieser weg führt direkt zum schloss wildegg.  

dort hatte die sommerbepflanzung ganz offensichtlich schon ausgedient. 

der rosengarten ist aber auch so schön. 

am schloss darf man auch ohne eintrittskarte ins café - wir nahmen je eine schale (milchkaffee) und teilten uns was süsses. 

schlauerweise muss man auch für den besuch des cafés durch den museumsshop gehen... wir nahmen mit: drei blumenzwiebeln der sorte narzisse rip van winkle - sieht auf dem bild nicht wie eine narzisse aus, ich bin gespannt! 

und dann gingen wir den kurzen weg nach holderbank zurück, sinnigerweise heisst er schlossweg und führt direkt zum kreisel, an dem wir geparkt hatten. 

unterwegs haben wir noch ein paar kastanien aufgelesen - ich hatte schon befürchtet, ich hätte die verpasst. 

zuhause dann noch: nachgereifte tomaten zu sosse verkochen, schokopudding kochen, wäsche waschen, bloggen über die vergangene woche, telefonieren mit der tochter, die die letzten wochen auf dem segelschiff geniesst, hefeknödel vorbereiten und kochen, dazu gibt es pfifferlinge (vom markt) und salat. später vielleicht ein film oder ein neue serie. 
 

nun sind es ein paar bilder mehr als 12 geworden - ich schicke meinen beitrag trotzdem zum heutigen 12 von 12 auf caros blog draussen nur kännchen, dort findet ihr auch eine erklärung, was das 12 von 12 bedeutet.  




kw 41 - zurück an die arbeit

sagen wirs mal so: ein erholungsurlaub war das ja nicht gerade. aber irgendwie dann doch. immerhin gab es zwischendurch keine feuerlöschübungen, weder bei kai noch bei mir, die wir beide angeboten hatten, in notfällen von unterwegs gute ratschläge oder ähnliches zu geben (mehr wäre auch nicht möglich gewesen, zumindest bei mir nicht, beide hatten wir keine arbeitslaptops dabei, und zumindest ich kann weder vom mobiltelefon noch vom privaten rechner aus auf arbeitsmails und dokumente zugreifen.) auch nicht vergessen: dank der arbeit meiner vereinskollegin war der launch der neuen website für die filzszene und damit ein kompletter wechsel von domain und hosting-anbieter während unserer ferien komplett geräuschlos und erfolgreich verlaufen! und für meine werkstatt habe ich halt immer mal wieder die mails angeschaut und auf neue anmeldungen reagiert.

ich liess mich also am montag von meiner kollegin aufs laufende bringen und dann gingen wir gemeinsam eine ferien-aufgabe an: aufräumen in unserem materialraum. am montagnachmittag kümmerte ich mich dann um neue vermietungsanfragen für das kulturzentrum und am mittwoch erledigten wir (fast) den ganzen rest der aufräumarbeiten. 

in der werkstatt war ich dienstag, mittwoch und donnerstagvormittag - momentan habe ich einen etwas grösseren behälter auf dem arbeitstisch, der passgenau in ein regal eingefügt werden soll. mit etwa eine dreiviertel kilogramm wolle ist der nicht unbedingt leicht zu bewegen und auch an drei vormittagen noch nicht ganz auf die endgültige grösse geschrumpft. in der offenen werkstatt war ich alleine und konnte gut den filzkurs für den samstag vorbereiten. vier frauen kamen, um sich aus der diesjährigen rohwolle von ouessant- und zackelschafen sitzfellchen zu filzen.  

zwei servicetermine fanden statt - bei der zahnpflege lag ich fast eineinhalb stunden auf dem stuhl, dafür gibt es diesmal ausnahmsweise keine folgetermine, auch gut. ausserdem habe ich mit einem kleinen trainingsprojekt begonnen, um das bergauf- und -abgehen zu trainieren. da wir ja praktischerweise nicht nur fast am wald. sondern auch am berg wohnen kann ich munter eine halbe stunde bergaufsteigen, um dann (auf einem anderen weg) die andere halbe stunde bergabzugehen. da es fast immer schönes wetter war, hat das sogar spass gemacht und ich habe es von montag bis donnerstag jeden tag geschafft. 

wenn ich jeden tag in den wald gehe, weiss ich genau, wann es pilze gibt. 

freitag ging ich aus der offenen werkstatt direkt zum spinntreff - da habe ich keine laufrunde untergebracht, sieht man davon ab, dass ich das spinnrad zwei haltestellen weit geschleppt habe, weil ich auf den anderen bus eine halbe stunde hätte warten müssen. und am samstagnachmittag gab es statt spaziergang eine gartenrunde - nach drei wochen sehen wir momentan vor allem einen berg an arbeit und kein ende. aber: die wiese ist ein letztes mal gemäht, die tomaten sind abgeräumt und den rest werden wir einfach stück für stück erledigen. 

herbstfärbung und eigentlich auch sonnenplatz für die eidechse - die ist aber zu schnell verschwunden, wer genau hinsieht, sieht rechts oben an der mauernische noch ihren schwanz. 

und dann waren wir am samstagabend ganz spontan im kulturhaus royal zu einem konzertabend mit evelinn trouble und mel d - wobei uns beiden die eigentlich als supporting act angekündigte evelinn trouble viel besser gefallen hat, insgesamt war es aber einfach ein schöner abend, auch weil wir beide söhne trafen und ein paar menschen, die wir durch sie kennen. 

evelinn trouble 

 

Sonntag, 5. Oktober 2025

mähren - im rückblick



nachdem wir nun wieder zurück sind, werde ich nach und nach die einzelnen posts unserer reise noch überarbeiten, hie und da mit links anreichern und die schreibung tschechischer namen und wörter mit diakritischen zeichen versehen - hier ein kleiner überblick über die posts, die in den letzten drei wochen zusammengekommen sind: 

an dieser stelle habe ich über die drei wochen die dinge gesammelt, die nicht so richtig in einen post passen wollten, oder die sich auch über die zeit erst entwickelt haben. lassen sie sich nicht von zeitangaben irritieren, manche texte habe ich einfach ausgegliedert.  

das leben ist bunt. 


tschechisch essen mit dem wunsch nach mährischer küche

es war uns schon in den vergangenen jahren aufgefallen: die portionen in tschechischen gaststätten haben sich denjenigen in deutschland angenähert. als wir vor mehr als 30 jahren begonnen haben durch die damals noch bestehende tschechoslowakei zu reisen, fiel uns eines sofort auf: auf jeder speisekarte ist genau die menge an fleisch, manchmal auch der beilagen angegeben. und das war damals oft halt echt wenig, 70g gulasch eher die regel als die ausnahme, 50 g gurkensalat damals echt unser running gag. die mengenangaben sind geblieben, aber halt heute deutlich höher und damit für uns halt genau so zu viel wie in bayerischen gasthäusern...  im letzten jahr haben wir deshalb die suppen entdeckt, in diesem jahr uns auch öfter getraut, nur ein gericht für uns beide zu bestellen. nicht überall, aber wo es uns angemessen erschien oder eh egal war, was man von uns denkt. dafür sind wir dann nicht jeden abend im fresskoma ins bett gefallen. 

und dann haben wir natürlich nach der speziell mährischen küche gesucht - nach wirklich vielen jahren ferien oder reisen in tschechien kann ich ungefähr das von einer üblichen speisekarte erwartbare im kopf hersagen, was fast immer drauf ist: lendenbraten und gulasch mit knödeln (früher gabs gulasch nur zu mittag, manchmal war der schon um zwölf aus), irgendwelche schnitzel, den gebratenen käse mit pommes, von dem sich unsere kinder in manchen ferien ernährt haben. manchmal noch obstknödel oder palatschinken (pfannkuchen). und dazwischen dann im besten fall etwas spezielleres, lokales. die entdeckung hier in mähren waren die halušky, eine art spätzle (die schreibt hier übrigens lautschriftlich specle) aber mit kartoffelanteil im teig, wir haben sie schon als beilage zu fleisch mit sosse, mit ziegenkäse/sauerrahm und mit kraut gegessen. immer lecker, es wurde hier schon angekündigt, das demnächst mal nachkochen zu wollen. (und halt definitiv nicht mährisch, sondern eigentlich slowakisch...) auch speziell, und wirklich lokal: in olmütz habe ich den typischen quarkkäse olmützer quargel oder olomoucké tvarůžky in einem kartoffelpufferteig gebacken gegessen, das war sehr lecker! wir haben solche käslein auch gekauft, aber mangels gelegenheit noch nicht gegessen. 

ein spezielles erlebnis war auch der besuch eines vegan/vegetarischen restaurants in brünn - interessiert hatte es uns vor allem, weil auf der speisekarte halt echt viele traditionelle gerichte in einer fleischlosen variante vertreten waren. so ass kai dort ein "robi"-schnitzel mit pilzen und knödel, ich halušky mit kraut und statt speck mit ebenfalls robi-stückchen. robi kannten wir noch nicht, es wird hier lokal hergestellt von der firma eurobi und ist eine art seitan, also ein produkt aus weizenprotein. abgesehen von der unterirdisch schlechten laune der bedienung, die ich dann durch reklamation (mein essen war nicht einmal lauwarm) auch nicht heben konnte, war das essen gut. naja, der keller war halt echt auch nicht so schön und in einem vegetarischen restaurant hätte ich ein bisschen mehr frisches erwartet. 

salat, rohkost und gemüse gehören immer noch nicht zu den selbstverständlichen bestandteilen eines tschechischen essens. je moderner sich eine gaststätte gibt, desto eher gibt es auch anstatt der petersilie mal ein bisschen tomate oder grünzeug am teller, salatteller muss man aber immer noch suchen. oft wurde jetzt caesar-salat angeboten, ich habs nicht ausprobiert, aber ich kann mir gut vorstellen, dass da nicht die frischen bestandteile überwiegen. das geht immer ein paar tage ganz gut - aber je länger wir unterwegs waren, desto mehr vermissten wir frisches. 

 

mährischer wein 

klar hatten wir auch schon in den vergangenen jahren mährischen wein probiert. aber böhmen ist schon eher das land der biere, es gibt viele verschiedene, fast überall auch eine auswahl frisch gezapfter, lokale, mittlerweile auch alkoholfreie oder immerhin das immer eine gute alternative darstellende pilsner urquell. nun waren wir aber mit absicht in die weinregion mährens gereist und wollten dort auch wein trinken. mein erster versuch mit burčák (=suser/federweisser) ging schon mal grandios daneben, dann aber fanden wir einen schönen frischen weisswein, den lokalen palava (bei einem winzer) und einen ebenfalls lokalen rotwein, den cabernet moravia (im supermarkt und später in der weinstube offen) und blieben dabei. vom palava haben wir auch ein paar flaschen mit nach hause genommen. mal sehen, wie er anderen menschen schmeckt. 

 

tschechisch - schritt für schritt

tschechisch sprechen/verstehen - mluvit a rozumět česky

ja, es gibt viele restaurants mit englischer oder deutscher speisekarte - aber es gibt halt auch so viele andere möglichkeiten, meine tschechisch-kenntnisse anzuwenden. und ich merke, dass ich im vergangenen jahr ganz schön über die "tento, prosím (das da, bitte)"-phase rausgewachsen bin. in der regel kann ich in einem sätzchen sagen, was ich möchte (toll, dass wir gerade akkusativ und instrumental geübt haben im unterricht) - manchmal passieren mir dabei echt lustige dinge, wie zum beispiel auf dem markt in brünn, als ich mir einen kleinen, nein, den kleinsten strohrömer kaufen wollte und mir erst beim weggehen auffiel, dass ich anstatt nejmenši (der kleinste) nejmladši (der jüngste) gesagt hatte, verstanden wurde ich trotzdem, gab halt diesmal kein kompliment fürs tschechischsprechen. dafür in der touristinformation, wie auch schon im museumsshop in mikulov, in der buchhandlung in olmütz und an ganz vielen anderen orten. manchmal gab es auch nachfragen, wo, wie und warum ich die schwierige sprache lerne - weil das gehört fast immer dazu, dass die tschechen ihre eigene sprache als schwer empfinden. kein kompliment gabs auch bei der reklamation des kalten essens, aber hei, ich habs reklamiert, auf tschechisch! 

und lesen ... und sogar gesprochenes verstehen - so viel mehr als noch vor einem jahr oder im frühjahr in prag... was am einfachsten ist: wenn wir bei der übernahme einer ferienwohnung alles gezeigt und erklärt bekommen, denn da ist alles anschaulich. schon schwieriger: tipps fürs einkaufen und ausflüge, aber da ich teilweise schon vorrecherchiert hatte, erkannte ich das wieder, was ich schon gelesen hatte und konnte mich dann auf wegbeschreibungen und bewertungen (besser da einkaufen, weil dort gibt es keine parkplätze, der weg zum lokal, man muss nicht reservieren) konzentrieren. richtig schwierig ist immer noch die situation führung/erklärung im museum, schloss, höhle, was auch immer. da es ja hier darum geht, etwas neues zu erfahren, gibt es oft wenig zum anknüpfen, jahreszahlen kann ich mittlerweile ganz gut, aber was ist da genau passiert? ist das jetzt eine anekdote, oder sind das fakten? 

was ich immer mal wieder vergesse: dass kai, wenn ich etwas für ihn frage, die antwort nicht versteht und ich erst noch mal rückübersetzen muss. und wie mich dieses reden können, aber dann halt auch müssen, verstehen, aber nur halb oder noch weniger, anstrengt - am abend war ich jeweils teilweise nicht mehr sprechfähig... 

die nächste herausforderung ist das aufgeben eines pakets für die tochter in den niederlanden, die geburtstag hat und weil tschechien zur eu gehört und unser land halt nicht, machen wir das besser von hier. geschenk ist gefunden und besorgt, geburtstagskarte auch (inklusive übersetzt), auf der post habe ich einen versandkarton, eine rolle klebeband und einen zettel bekommen, den wir ausfüllen müssen (bloss wie?) - von einer sehr netten und mitdenkenden pöstlerin (ich hätte das klebeband garantiert vergessen) - edit: hat am ende auch geklappt, beim aufgeben hat uns wieder dieselbe dame aufgerufen wie schon beim kauf des pakets, die anderen haben - so weit ich das beurteilen kann - beamtenmikado gespielt. auch sie sprach ausschliesslich tschechisch mit mir, aber halt schön langsam und mit gesten und pausen.   


radfahren in der stadt und auf dem land

der süden mährens gilt als radfahrerparadies und ist es wahrscheinlich auch - dort gab es nicht nur viele radrouten (wobei manche auch kleine strassen benutzten und man ein bisschen unempfindliche sein muss gegenüber holprigen und nicht befestigten wegen) und viele andere radfahrende, sondern auch immer wieder hinweise, was radfahrende nicht machen sollen. ich glaube, das kann man ohne weiteres als hinweis darauf verstehen, dass der radtourismus hier manchmal ein bisschen zu viel wird. wir haben die touren rund um die region palava sehr genossen und mit dem rad deutlich mehr gesehen als zu fuss oder mit dem auto möglich gewesen wäre. 

in brünn haben wir das krasse gegenteil erlebt: es gibt zwar ein paar radrouten, aber auch hier ist man nicht immer vor allerhand anderem verkehr sicher und wenn man irgendwohin mit dem rad will, kann das sehr, sehr mühsam sein. ausserhalb der radrouten ist fahrradfahren hier die hölle und man sieht auch - ausser radfahrenden essenslieferanten - nur wenig radfahrende. 

ganz anders wieder in olmütz - auch hier folgt man am besten den zahlreichen radrouten (die ziele könnten manchmal noch klarer angeschrieben sein) und wir hatten nach wenigen tagen kapiert, wie man an fast jede stelle der stadt auch mit dem rad kommt. dementsprechend viele menschen waren hier mit dem rad unterwegs und es gab auch quasi überall möglichkeiten, die räder abzustellen und zu sichern. zusätzlich ist es fast überall eben und das radfahren macht hier richtig spass! (und wäre hier auch gut ohne e-velo gegangen)

in den beskiden waren wir nicht mit den rädern unterwegs - dort waren wir einerseits nur kurz, einen tag haben wir mit einer wanderung verbracht und am anderen hat es geregnet.  

insgesamt ist es immer eine bereicherung die räder dabeizuhaben, aber es ersetzt das zufussgehen nicht. im rückblick wäre ich gerne mehr zu fuss in der natur unterwegs gewesen. 

und wenn wir schon dabei sind: unsere planung war gut, wir haben viel von mähren gesehen, das uns bisher völlig unbekannt war, und das war ja ein hauptziel unserer reise. vier verschiedene unterkünfte, wenn man das hotel auf der hinreise dazurechnet sogar fünf, müssen es aber kein zweites mal mehr sein. überhaupt: das war eine reise, kein urlaub. gerne deshalb im nächsten jahr wieder einmal längere zeit an einem ort, auch gerne einem unspektakulären, dessen sensationen man erst nach und nach entdecken muss anstatt ständig darüber nachzudenken, was man jetzt wieder verpasst und alles nicht angeschaut hat (hatten wir letztes jahr). in mähren gerne wieder südmähren, eventuell mit dem städtchen mikulov als ausgangspunkt, damit wir auch mal abends die netten weinstuben dort testen können. die sanften hügel, die weinberge und die seen dort laden dazu ein, ferien zu machen. ob wir nochmal nach brünn oder olmütz müssen, weiss ich nicht, jedenfalls beim nächsten mal brünn ohne auto und fahrräder, mit der tram erlebt man ja so eine stadt ganz anders. beim durchfahren gedacht: der mährische karst will auch noch entdeckt werden. die beskiden konnten uns nicht so recht überzeugen, hatten aber auch schlechte karten bei dem sauwetter - aber die mittelgebirge am nordrand tschechiens sind halt schon schön: lausitzer gebirge, isergebirge, riesengebirge. was uns noch anzieht: das altvatergebirge und schlesien mit ostrau - das wäre aber dann wieder ein ganz anderes kapitel. tschechien wird uns nicht loslassen, auch wegen der sprache. und wegen der geschichte, die da an jeder stelle um die ecke schaut. 

auch wenn es dort politisch gerade mit dem wahlsieg von ano und andrej babiš nach einer sehr, sehr bedenklichen entwicklung in richtung ungarn und slowakei aussieht - aber auch das ist ja so etwas wie ein teil der geschichte... 

 



Samstag, 4. Oktober 2025

brünn - kunstgewerbliches museum und konzert mit fazil say

und noch ein tag in brünn, unser letzter tag. an dem wollten wir uns gemütlich das kunstgewerbliche museum anschauen, vorher aber nochmal auswärts frühstücken - die doch arg ungemütliche tischsituation im appartement...

am museum erst ein bisschen irritation, ein eingang war gesperrt, mit hinweis auf eine veranstaltung - dass es noch einen anderen eingang gab und wir durchaus alles ausser der eingangshalle anschauen konnten, mussten wir selbst herausfinden. 

ein bisschen schade war das schon, dass drei viertel des foyers von einer businessveranstaltung belegt war, wir konnten uns krištov kinteras installation démon růstu II aber trotzdem ganz gut anschauen. 

das kunstwerk, das aus unzähligen bällen, kugeln und weihnachtsbaumschmuck besteht, scheint förmlich in das gebäude hineinzuwuchern. 

 

 den text dazu fand ich recht spannend - darum hier direkt im blog: 

In einer Gesellschaft des Überflusses wachsen die Dinge buchstäblich vor unseren Augen wie eine Zeitbombe. Vieles wird zu Müll, ohne auch nur einmal benutzt worden zu sein. Genau darum geht es in Kinteras „Demon of Growth”. Die großzügige skulpturale Form, die hauptsächlich aus verschiedenen Arten von Kugeln und Weihnachtsdekorationen besteht, reagiert auf einen bestimmten Raum, den sie gleichzeitig schmückt und absorbiert. Sie ist ein perfektes Beispiel für Kinteras künstlerische Manipulation unbewusster Assoziationen. Wachstum ist genetisch mit unserer Kindheit verbunden, ebenso wie Ballspiele und die Vorfreude auf Weihnachten. Deshalb betrachten wir nachhaltiges Wirtschaftswachstum automatisch als ebenso natürlich und lebensfördernd, obwohl wir seit Jahren beobachten, dass es schädliche Nebenwirkungen hat. Der Dämon des Wachstums verfolgt uns auf ähnliche Weise wie Barbucha den ungezogenen Bären in Vančuras Märchen verfolgte. Kintera kontaminiert die Moral mit Humor, was paradoxerweise deren Wirkung verstärkt. Lachen stört unsere natürlichen Abwehrinstinkte und ebnet den Weg zu den tieferen Schichten unseres Bewusstseins.


im erdgeschoss gibt es eine design-höhle, in der in verschiedenen schaukästen einzelne stücke von tschechischen designern präsentiert sind - ich hab mal zwei sachen ausgesucht, die mir gefallen haben: 
 
glas ist immer toll - und ich mag auch sehr gerne so experimentelle sachen ohne direkten gebrauchtswert. 
 
 
der sessel ist ein entwurf von adolf loos - also doch noch was von ihm gefunden. bequem stelle ich mir den aber nicht vor...
 
 

pausenplätzchen für uns. dann ging es weiter zuerst mit einem raum zum thema postmoderne (postmoderne als kitsch!), dann mit einem spannenden ausstellungskonzept - schwarz-weiss, bezogen auf das luftige, helle der glaskunst und das stärker erdige, dunkle des porzellans. 


hat sich mir nicht so erschlossen, war aber vor allem spannend, weil es in der überfülle nicht nur scheussliches, sondern auch ausgesprochen schöne stücke zu sehen gab. 


das plakat fand ich einfach zu gut, um es nicht zu zeigen - es wirbt für ein tschechoslowakisches bürgerforum und auf den ersten blick liest man "herbst 89", also die zeit, in der es in vielen ehemaligen ostblockstaaten zu einschneidenden reformen kam. wenn man es auf den kopf stellt, dann steht da aber "frühling 68" - eine zeit in der der wunsch nach reformen scheiterte und schliesslich mit russischen panzern niedergeschlagen wurde. 
 
vom museum aus spazierten wir wieder in die wohnung - unterwegsentdeckungen diesmal (hin- und rückweg): 
 
eine ausstellung mit einem stadtmodell - im süden der stadt soll ein riesiger neuer bahnhof entstehen und ganz viel stadtentwicklung stattfinden, hoffentlich denken sie dabei auch an die radfahrenden... (foto nix geworden). 
 
während bei uns zuhause frau brüllen die römer ausgräbt, wird hier in brünn etwas aus dem dreizehnten jahrhundert genauer untersucht, bevor hier ein neuer konzertsaal entsteht. 

was für ein hübsches schaufenster - im laden gibts nüsse, was schon der name sagt. 
 
pause im appartement, kaffee im appartement, aufräumen und packen - denn am abend haben wir pläne: 
 
heute klassische musik! verkündet das transpareht am janacek theater. 

kai hatte beim durchsehen der veranstaltungen ein konzert entdeckt und gleich für uns zwei karten gebucht, fazil saj am klavier und dennis russel davis als dirigent spielten mit den brünner philharmonikern das dritte klavierkonzert von beethoven und anschliessend ohne den pianisten die fünfzehnte sinfonie von schostakowitsch. kai sagen ja sowohl die namen als auch die stücke etwas, mir nur das zweite stück, das gespielt wurde, weil ich aus historischem interesse neulich einen podcast über schostakowitsch gehört hatte. ich lasse mich aber immer gerne auf musikalische abenteuer ein - vor allem dann, wenn man auch noch in so ein haus dabei kommt. 
 
das untere foyer - bester sozialistischer pomp, aber halt mit tschechischer gestaltungsnote - mich erinnerte vieles an unser natürlich viel, viel kleineres stadttheater hier in baden, tatsächlich ist die geschichte auch eine ganz ähnliche, mit architekturwettbewerben, die von der weltgeschichte überholt wurden und einer eröffnung in den sechziger jahren. 
 

zuerst beethoven: 

das orchester zuerst mit flügel und gar nicht mal so grosser besetzung - dirigent und pianist waren vom zweiten balkon aus noch gut zu erkennen und die musik noch besser zu hören. 


das obere foyer während der pause. 

dann schostakowitsch. 


über ihn hatte ich eben gerade einen vierteiligen podcast gehört - vier töne gegen stalin - und war vor allem davon beeindruckt gewesen, wie man mit musik so viel inhalt transportieren kann, halt manchmal auch den politisch "falschen"... die hörbeispiele im podcast fand ich vor allem pompös, das stück, das wir hörten, im ersten satz ein grosser klamauk, der mich an die krachmachmaschinen von tinguely erinnerte, wo auch immer irgendwo irgendetwas passiert und es irgendwo klingelt, scheppert, rumpelt. aber der zweite satz war schön und melodisch, der dritte ein bisschen langweilig und der letzte schlicht schön und wieder spannend, was die instrumente anging. und irgendwo zwischen achtzig und neunzig personen auf der bühne. ein schöner, letzter abend in mähren, den wir anschliessend in der weinstube, die wir nun schon den dritten abend ansteuerten, ausklingen liessen. wie so alte stammgäste wurden wir beim reinkommen schon gefragt, ob wir wieder den selben wein trinken wollten... 

***

frühmorgens am denkmal für die befreiung durch die sowjetische armee - spannenderweise wird das denkmal auf google-maps diskutiert. 

und dann ging es am tag drauf nach hause. ein bisschen spannend war das dann noch, weil wir ja das auto in der tiefgarage beim theater versorgt hatten und erst einmal abholen (und fünf tage parken bezahlen), dann einen parkplatz beim haus finden und alles einpacken mussten. wir sagten uns einfach, dass es jetzt auf ordnung auch nicht mehr so richtig ankäme, da wir ja nur noch nach hause fahren würden, ging dann aber doch erstaunlich geordnet vonstatten, das alles. um halb neun starteten wir in richtung süden, fuhren nochmal durch die weinberge in südmähren, kauften ein bisschen wein nach und ein paar süssigkeiten im supermarkt und nahmen dann die restichen knapp neunhundert kilometer unter die räder, mit ein paar pausen waren wir um kurz vor zehn zuhause. 

 

Donnerstag, 2. Oktober 2025

brünn - villa tugendhat

noch weit vor allen anderen sehenswürdigkeiten wird für eine reise nach brünn der besuch der villa tugendhat vorgeschlagen - eine um 1930 nach den plänen von mies van der rohe gebaute moderne villa eines brünner textilfabrikanten. es ist nicht ganz einfach, dafür an tickets zu kommen, noch schwieriger eine englische (gibt es überhaupt führungen in deutscher sprache?) führung zu erwischen, aber wir hatten wenigstens das glück zwei plätze für eine führung in landessprache zu reservieren. 

von unserem quartier aus konnten wir zu fuss zur villa gehen und weil wir mit ein sicherheitsabstand gestartet waren, uns auch zuerst einmal im garten umschauen - wegen tschechischer führung hatten wir uns schon am vorabend ein bisschen eingelesen.

 
das grundstück hatten die tugendhats von den eltern der jungen frau tugendhat, einer geborenen löw-beer, geschenkt bekommen, es liegt oberhalb der elterlichen villa, zwei weitere villen von anderen industriellen sind ganz in der nähe. 

unsere führung startete um halb elf in einer kleine gruppe (ich denke etwa 15 personen) im obersten geschoss, in dem man das haus von der strasse her betritt. die gruppe war sprachlich gemischt, für uns und einige andere gab es zusätzliche texte in deutsch, englisch und polnisch. 

der blick von der obersten terrasse ist beeindruckend und geht über die ganze stadt mit peter und paul kirche und der festung spilbergk - vieles davon, was wir heute sehen, dürfte zur entstehungszeit der villa noch gar nicht gestanden haben. 

nach einer einführung auf der terrasse - das gebäude ist eine dreigeschossige stahlskelettkonstruktion, was einerseits eine freie flächeneinteilung und grosse offene räume ermöglicht, andererseits auch immer eine gliederung durch die vorhandenen stützen nach sich zieht, die je nach nutzungsbereich ganz verschieden aussehen. 


 

als erstes ging es dann in die wohnräume der familie. die möblierung ist nur zu kleinen teilen original erhalten, sondern bei der restaurierung in den achtziger jahren nach fotos und plänen rekonstruiert worden. die familie tugendhat hat nur etwa acht jahre in der villa gelebt, 1938 sind sie nach der annektion des sudetenlandes durch hitlerdeutschland vor der drohenden verfolgung als juden zuerst in die schweiz, dann nach südamerika geflohen. von den nazis beschlagnahmt, diente das haus zuerst noch als wohnhaus, nach 1945 als gebäude der roten armee und später als orthopädische abteilung des nahegelegenen kinderkrankenhauses. bereits in den sechziger jahren gab es die idee, das gebäude wieder in seiner ursprünglichen form auch der öffentlichkeit zugänglich zu machen, es dauerte aber noch bis in die achtziger jahre, bis die rekonstruktion angegangen wurde, zuerst nutzte es dann die stadt für offizielle anlässe, erst später wurden führungen ermöglicht und das gebäude ins unesco weltkulturerbe aufgenommen. 



das unter den wohnräumen der familie gelegene geschoss ist fast vollkommen offen und dient als wohnbereich mit verschiedene funktionen, gegliedert wird es lediglich durch eine wand aus onyx, ein halbrund aus einem speziellen ebenholz und verschiedene vorhänge. in diesem bereich sind die stahlstützen verchromt. 

die türklinken sind wie die ganze haustechnik original erhalten und funktionieren auch noch - ein belüftungssystem, die heizanlage und die möglichkeit, die fenster auf der nach südwesten gelegenen seite ganz im boden zu versenken waren zur bauzeit echte technische neuerungen (wer sich dafür interessiert, sollte die grosse führung buchen, denn mit der können auch die technikräume im untergeschoss besucht werden). 


die führung (im bild der junge mann, der uns die villa gezeigt hat) war übrigens ganz hervorragend angelegt - es gab nach einer kurzen einführung um was für räume es sich handelte, zunächst gelegenheit, sich umzusehen und erst anschliessend details und hinweise zu einzelnen punkten. das gab uns zeit, die deutschen erläuterungen zu lesen und anschliessend doch zu versuchen, möglichst viel vom vorgetragenen zu verstehen. 

als einzige abgetrennte räume befinden sich in diesem geschoss die grosszügigen wirtschaftsräume mit küche, vorratsräumen und vielen, vielen schränken... 

 
unsere führung endete im untersten geschoss, wo heute eine kleine ausstellung zur renovierung des hause durch den architekten kamil fuchs und ein devotionalienhandel eingerichtet ist, in dem man allerhand schnickschnack kaufen kann, aber auch vertiefende lektüre erwerben. 
(wer gerade keine zeit oder lust hat, nach brünn zu fahren, aber sich die villa anschauen möchte, kann auch einen virtuellen rundgang machen, hier entlang.)  

wir nutzten die gelegenheit, uns noch ein bisschen im stadtteil umzuschauen - ich hatte da nämlich noch etwas ganz spezielles entdeckt: 




 hier verfällt seit anfang des jahrtausends das fussballstadion za lužánkami, das in den fünfziger jahren immerhin mal das grösste der čssr gewesen ist. 

ein kurzer weg durch den lužánky-park brachte uns in unsere ferienwohnung zurück - wo wir eine kleine pause einlegten und feststellten, dass wir allmählich ein bisschen reisemüde geworden sind. mit den velos fuhren wir anchliessend noch zum nächstgelegenen postamt, gaben ein paket an die tochter in den niederlanden auf und mussten dann allerdings feststellen, dass sich die stadt, ganz anders als olmütz, so gar nicht zum radfahren eignet. es gibt zwar ein paar ausgewiesene radrouten, verführerischerweise gerade neben unserer unterkunft, aber selbst auf diesen muss man regelmässig mit "gemischtem verkehr" rechnen, was konkret vierspurige strassen mit strassenbahn und viel verkehr bedeutet. zusätzlich begann es leicht zu regnen und es ist mittlerweile richtig herbstlich geworden. 


also nochmal pause, was aber auch ganz gut war, denn die suche nach einem restaurant gestaltete sich an diesem abend eher mühselig und war auch nur so halb von erfolg gekrönt. schade, es wäre unser letzter abend für ein schönes abendessen gewesen, morgen geht es ins konzert.