schon seit ein paar tagen sind wir unterwegs, bisher habe ich noch nicht so richtig einen rhythmus gefunden, der auch die bloggerei beinhaltet.
am montag sind wir von zuhause aufgebrochen und bis zu unserem ersten unterwegshalt bei meiner mutter gefahren. kai hat sich mit einem freund getroffen, ich ging mit meiner mutter die feier für ihren 80sten geburtstag planen. ein paar stunden nur, aber es war trotzdem nett, vorbeizuschauen.
am dienstag ging es dann früh wieder weiter - der unterwegshalt erlaubte es uns, am frühen nachmittag schon im vogtland zu sein, gerade noch so das zimmer in der pension zu beziehen und dann ging es für kai auch schon mit dem mundharmonika-workshop los. ich räumte noch ein bisschen unsere sachen ein und setzte mich dann aufs fahrrad, um die gegend zu erkunden.
viel wald und schöne wege - ganz ziellos war ich nicht, hatte aber auch genügend zeit, um ein paar sackgassen zu erkunden.
und man ist hier immer schon ganz nah an der tschechischen grenze. (joa, grenzkontrollen. am mittwochnachmittag sah ich sie dann am offiziellen grenzübergang im ort.)
ich kam bis klingenthal, startpunkt war mühlleithen. da liegen dann schon ein paar höhenmeter dazwischen. für den rückweg nutzte ich etwa die hälfte einen anderen weg, der bundesstrasse traue ich aber nicht so recht fürs fahrradfahren.
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das wetter war auch am mittwoch wieder schön - gelegenheit für mich, das vogtländische freilichtmuseum zu besuchen. glücklicherweise hatte ich noch rechtzeitig herausgefunden, dass sich das auf zwei verschiedene standorte verteilt. der weg bis dorthin war unter den hiesigen bedingungen des steten auf und abs eh für mich nicht mit dem fahrrad zu machen, also entschied ich mich, das fahrrad aufs auto zu laden, zu dem einen standort mit dem grösseren parkplatz hinzufahren und dann für den weg zum anderen museumsteil das fahrrad zu benutzen.
kurz nach zehn war ich schon in eubabrunn. ausser einer schulklasse war ich die einzige besucherin, später füllte es sich noch ein bisschen.
viel landwirtschaftliches gerät, ein paar tiere, verschiedene gebäude, die meisten sogenannte wohnstallhäuser - alles unter einem dach sozusagen. im erdgeschoss der stall, die küche und eine stube, oben auf dem dachboden die schlafräume, oft wenig isoliert und kaum voneinander abgetrennt.
weiter oben auf dem gelände fand ich dann eine ausstellung zur schäferei - allerdings nur zu einem detail, dem ich bisher wenig beachtung geschenkt hatte, das sich aber hier im "musikwinkel" genannten teil des vogtlands aufdrängt. musikwinkel deshalb, weil hier traditionell musikinstrumente hergestellt wurden. unter anderm auch geigen und bögen, für die man saiten brauchte. und diese saiten wurden ausschliesslich aus schafsdärmen in einem aufwendigen verfahren hergestellt. im 19. jahrhundert blühte die musikindustrie hier, und die nachfrage nach schafsdärmen war so gross, dass sie bis aus taschkent importiert wurden. globalisierung vor der globalisierung sozusagen. sensationell auch die absatzzahlen der mundharmonikas in dieser zeit - sie gingen in die millionen.
das ganze gelände wirkt eher nicht so "gepützelt" und überall finden sich schöne fotomotive.
nach einem kaffee in der zum museum gehörenden gastwirtschaft machte ich mich dann auf den weg nach landwüst, dem anderen teil des museums.
dank karte fand ich einen schönen weg durch den wald, vorschlag wäre über landstrassen gewesen, da wäre mir dann dieser lustige blick entgangen.
ähnlich wie in eubabronn auch hier eine grosse sammlung - unterfüttert mit der geschichte, wie dieses museum überhaupt durch private initiative in den fünfziger und sechziger jahren entstanden ist, als die bäuerliche kultur durch das entstehen der grossen lpgs verdrängt wurde.
auch anders - hier spiegeln die verschiedenen gebäude jeweils eine andere zeit wieder. so kann man aus dem neunzehnten jahrhundert in die zwanziger jahre des 20sten und in die 40er jahre wandern.
und es gibt einen raum, in dem die geschichte der imkerei gezeigt wird.
so viele verschiedene beuten! ganz am rechten bildrand auch noch hohle baumstämme - hier erfuhr ich dann auch noch, was ein zeidler ist, nämlich ein wildimker, der den honig der bienen im wald sammelt.
auch diese beiden holzfiguren sind bienenstöcke, sogenannte figurenbeuten. wie kommt man, frage ich mich, auf die idee?
(ich vermute, nicht besonders fundiert: sehr kleine landwirtschaft und die daraus resultierende notwendigkeit des zusätzlichen erwerbs bei gleichzeitigem vorhandensein von reichlich holz in den wäldern haben dazu geführt, dass musikinstrumente, spielzeug und eben auch solche figuren hergestellt wurden. - weiss es jemand besser?)
noch ein blick in den garten - das mit den tassen kannten wir schon aus tschechien. dann ging es für mich wieder mit dem fahrrad durch den wald zurück.
diesmal machte ich noch einen zwischenstopp am sandmannsgrab - nein, nicht das sandmännchen liegt hier begraben. sondern ein geistig beeinträchtigter mann, der die einfache tätigkeit des sandausfahrens ausübte, ist hier in den zwanziger jahren von seinen altergenossen so sehr gequält und verspottet worden, dass er sich am ende hier im wald erhängt hat. sag noch einer, mobbing gäbe es erst seit der erfindung des smartphones...
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am donnerstag war ich wieder mit dem fahrrad unterwegs. diesmal führte mich mein weg einen flossgraben entlang, in dem früher scheitholz transportiert worden ist. unerklärlicherweise habe ich den nicht fotografiert. mein ziel war aber auch ein anderes, nämlich das besucherbergwerk grube tannenberg.
zuerst aber genoss ich noch den blick von einer abraumhalde.
die führung im besucherbergwerk war dann zwar wie immer, wenn es untertage geht, eindrücklich, liess aber mehr fragen offen, als sie beantwortet hat. immerhin erfuhr ich noch, dass hier zinn abgebaut wurde, im neunzehnten jahrhundert und dann noch einmal im zwanzigsten, der betrieb wurde 1964 eingestellt. schade - aber noch mehr als ich es ohnehin schon getan habe, traute ich mich nicht zu fragen - die antworten fielen halt schon arg einsilbig aus.
hier rundherum gab es noch mehr gruben und industrie. mitten im wald ein kamin und auch industrieanlagen, die ganz offensichtlich nicht mehr in betrieb sind. was hier wohl früher produziert wurde? ob es mit dem bergbau zu tun hatte? (nein - textilindustrie war es. in tannenbergsthal wurde mitte des neunzehnten jahrhunderts die erste mechanische weberei sachsens gebaut. später dann wurden kunstleder und planen hergestellt.)
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von den mundharmonikaspieler*innen habe ich bisher nur wenig mitbekommen. am dienstagabend gab es einen vortrag mit beatlesstücken und ein paar historischen brocken zur mundharmonikaindustrie. ansonsten wird viel geübt in den zimmern, aus denen man immer mal wieder ein paar töne hören kann. heute abend soll es noch ein konzert geben, das sich lohnt. die bands vom mittwoch und von gestern hatte kai schon alle gehört und für nicht so spannend befunden. mitteilsam sind die musizierenden auch eher so untereinander, da wird teilweise mächtig ausstattung verglichen und namedropping betrieben.
und auch am freitagabend, unserem letzten abend hier am mundharmonika live festival in klingenthal, wurde das nichts mit der ganz grossen liebe zur mundharmonikamusik. nach abendessen in der "alten drogerie" kamen wir ein bisschen verspätet in den club, in dem eine konzertveranstaltung mit live-jam-sessions angekündigt war. nachdem wir eine weile einer band zugehört hatten (immerhin mit einer frontfrau, die mundharmonika spielte) wurden die gewinner des wettbewerbs vom nachmittag vorgestellt - platz drei hatte sich die abendveranstaltung erspart und war nicht anwesend, dafür freuten sich platz zwei und eins gebührend. und spielten spontan zur wieder auf die bühne geholten band. leider konnte mir auch kai nicht erklären, für was die beiden die preise gewonnen hatten, vielleicht war der erstplatzierte auch nur ein bisschen sehr aufgeregt - nett fand ich die geste, mit der der zweitplatzierte den enthusiastischen gewinner darauf aufmerksam machte, dass es auch noch andere musiker auf der bühne hatte. und dass man nicht gegeneinander, sondern miteinander spielte. das dann auch noch mal bei einer anderen band, mir ist das alles aber eh meist viel zu blueslastig, aber dem restlichen publikum gefiel es. und ja, es gibt auch für meine ohren schöne mundharmonikamusik.
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der restliche freitag war zweigeteilt: am vormittag hatte ich endlich mal den wald zu fuss erkundet und einen spaziergang zu einer wassertretstelle unternommen, die ich mit dem fahrrad entdeckt hatte.
auf dem hinweg dafür eine loipenschneise erwischt, auf dem rückweg dann ein wirklicher waldweg. viele umgestürzte bäume umlaufen und überklettert, aber ich hatte ja zeit. nachmittags dann mit kai reisevorbereitungen: morgen geht es weiter ins isergebirge, dafür tanken und tschechische kronen besorgen, dann noch in einer bäckerei ein spätes mittagessen nachholen und kaffee trinken auf einer wirtshausterrasse, wo wir am donnerstag schon zu abend gegessen hatten.
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