es ist der fünfte und frau brüllen fragt ganz traditionell, was man denn den ganzen tag so mache (#wmdedgt).
ich stehe zur üblichen zeit auf und verpasse so wie immer das wort zum tage auf dlf kultur auf dem weg in die küche. nach spülmaschine ausräumen, kaffee kochen, frühstück für kai und mich bereit machen frühstücken wir gemeinsam und spielen dabei ein paar züge wordfeud.
seit dieser woche schaffe ich es wieder, mich zur morgengymnastik aufzuraffen - vielleicht liegts an den tieferen temperaturen am morgen, vielleicht auch an den rückenschmerzen, die mich zur zeit plagen. dann versorge ich die pflanzen im garten und im gewächshaus. kai hat schon die grünguttonne mitgenommen.
eigentlich würde ich jetzt in die werkstatt fahren, aber da ich am nachmittag noch pläne habe, erledige ich gleich heute morgen einen grossen korb bügelwäsche. in der werkstatt brennt derzeit nichts an, die auftragsflaute ist noch nicht zu ende und die nächsten kurse stehen erst ende des monats an. es reicht also wenn ich um zehn noch für zwei stündchen dort vorbeischaue. zur zeit frische ich mal wieder meine fähigkeiten im herstellen von shirdaks auf. eine mühselige und aufwendige arbeit, bei der nicht viel gefilzt, dafür aber um so mehr genäht werden muss. zwei gefilzte flächen werden gemeinsam zerschnitten, so dass die teile getauscht und wie eine art mosaik wieder zusammengesetzt werden können. die einzelnen teile werden zuerst geheftet, dann zusammen mit zwei kordeln auf der nahtstelle sorgfältig vernäht. diese oberseite wird anschliessend auf einem zweiten einfarbigen filz mit hilfe von stickstichen befestigt, der rand der beiden filze gemeinsam gerade abgeschnitten und eingefasst. das ist genau so langwierig, wie es sich anhört, ich freue mich aber schon aufs ergebnis und ab und zu auch an den zwischenschritten. das schöne dabei ist, dass ich die gedanken schweifen lassen kann und mir neue projekte ausdenken kann. ab und zu unterbreche ich auch für experimente in papier, denn gerne würde ich mal wieder was neues flechten und filzen.
in einer pause entdecke ich den spendenaufruf des kleinlaut-festivals, das wir im sommer besucht haben. die kinder sind dort alle mehr oder weniger engagiert und so wussten wir bereits, dass zwei tage dauerregen ein riesiges loch in die kasse gerissen haben. damit alle rechnungen bezahlt werden können, gibt es nun ein crowdfunding. ich überlege, mindestens die auslagen, die ich für ein mittagessen bekommen habe, zu spenden.
kurz nach zwölf fahre ich schon nach hause und wärme mir zum mittagessen den zweiten teil von den restlichen macandcheese (schreibt man das so?), die die tochter letzte woche gemacht hat. damit sind sämtliche reste aus der vergangenen woche vernichtet. die mittagspause verlängere ich noch ein bisschen mit einem kapitel aus dem neuen irving, der so gar nicht spannend ist, da es mir vollends nicht mehr auf irgendeine handlung anzukommen scheint und die charaktere mir schon arg bekannt vorkommen. nett zu lesen, aber halt eher so wie der apfelkuchen, den es jede woche gibt.
ich telefoniere mit meiner mutter und wir klären die posten einer abbuchung des telekommunikationsanbieters. die rechnung kam per mail und hätte eigentlich an mich weitergeleitet werden sollen. aus irgendwelchen gründen funktioniert aber die weiterleitung nicht und so sehe ich erst jetzt, dass der tv-stick zweimal berechnet wurde. das ist auch nachvollziehbar, da der stick zunächst zugeschickt wurde, dann der mechaniker, der den anschluss in betrieb genommen hat, aber auch noch einen dabei hatte. den hat er wieder mitgenommen, deshalb reklamiert meine mutter den posten umgehend und bekommt ihr geld zurück - und in zukunft ihre rechnungen per post. das glasfaserinternet ist vom lokalen energieunternehmen und das ist ein erstklassiger dienstleister, der nicht nur ansprechbar ist, sondern auch die wünsche und bedürfnisse der kunden im blick hat.
nach dem gespräch mache ich mir ein bisschen proviant für den ausflug am nachmittag zurecht und suche meine sachen zusammen. mit dem fahrrad fahre ich zum bahnhof, von wo mich eine regionalbahn nach basel bringt. im wagon, wobei man kaum mehr von wagon reden kann, da es eher so eine art strassenbahn ist, mit der ich fahre, also da drin halt, gibt es merkwürdige geräusche. zuerst denke ich an jemanden mit schweren atembeschwerden und hustenanfällen, dann finde ich es aber ein bisschen merkwürdig, dass der patient sich jeweils in den bahnhöfen spontan erholt. es ist wohl eine art fahrgeräusch, das aber die reise nicht angenehmer macht, denn auch wenn ichs besser weiss: ich denke immer noch, dass da gleich jemand ersticken muss.
in basel habe ich die nächsten zwei stunden noch nicht wirklich etwas vor und laufe einfach so ein bisschen herum. dabei bemerke ich, dass ich die innenstadt von basel eigentlich gar nicht kenne, meistens gehen wir in basel direkt in ein museum oder an eine veranstaltung und sind bisher noch nicht so viel herumspaziert. eine weile sitze ich auf einem platz an der leonhardskirche, dort ist es schattig und luftig, der nachmittag ist schon wieder ziemlich warm geworden. dort verzehre ich mein mitgebraches abendbrot. dann setze ich meinen ziellosen spaziergang noch ein bisschen fort, unter anderem auch in einer sehr akademischen buchhandlung im univiertel.
gegen halb sieben komme ich im "unternehmen mitte" an, wo es heute eine lesung mit podiumsdiskussion über kim stanley robinsons roman ministerium für die zukunft gibt. die veranstaltung läuft im rahmen einer lesereihe zum thema climate fiction, die von literaturspur veranstaltet wird. der kalifornische autor ist per zoom zugeschaltet und bestreitet den ersten teil der veranstaltung. vom moderator nach seinem anstoss für den 2019 veröffentlichten roman gefragt, erklärt robinson, wie beeindruckt er von der entdeckung der tatsache der kühlgrenztemperatur von 35 grad, die ein mensch maximal aushalten kann. das mit der kühlgrenztemperatur ist kompliziert, und sozusagen das thema der eingangssequenz des romans, in der es um eine hitzewelle in indien geht, in der hunderttausende von menschen sterben. der einzige überlebende ist damit als eine der hauptpersonen eingeführt, die zweite ist mary, die vorsitzende des ministeriums für die zukunft, einer behörde ohne macht, die geschaffen wurde, um die klimaziele der verschiedenen länder zu koordinieren. diese beiden personen (und noch ein paar mehr) begleiten wir im buch durch die dunklen 30er jahre und dann weiter in eine welt, in der durch geoengineering und die einführung des carbon coin, einer art parellelwährung, die für die reduktion von co2 in der atmosphäre ausgegeben werden, die klimakatastrophe überwunden werden kann.
robinson beantwortet ausführlich fragen nach seiner einschätzung von technikeinsatz zur überwindung der klimakatastrophe (wichtig!), nach der berechtigung von gewalt als mittel im kampf für mehr aufmerksamkeit für das problem (die spielt nämlich im buch doch eine recht prominente rolle, wird vom autor aber zwiespältig gesehen) und der einschätzung, ob sein buch etwas zur überwindung der klimakrise leisten kann. ich habe phasenweise etwas mühe zu folgen, der tresorraum einer ehemaligen bank, in der die veranstaltung stattfindet, ist doch recht klein, gut besetzt und schlecht belüftet. (die lesereihe findet an verschiedenen orten statt, die jeweils einen bezug zum literarischen werk haben - hier war der link geld/kapitalismus)
im zweiten teil der diskussion (der autor hat sich verabschiedet) geht es nun mit dem leiter des zürcher literaturmuseums um die literarischen aspekte - was ist climate fiction (eher kein genre, sondern ein label), was soll und kann literatur, kann literatur mit einer botschaft immer noch gute literatur sein oder ist literatur ohne botschaft nicht eigentlich nutzlos? unterbrochen wird diese diskussion von drei sequenzen aus dem buch, die eine schauspielerin sehr gekonnt vorträgt.
am ende gibt es noch eine frage ans publikum: was für literatur bräuchten sie, damit sie in der klimakatastrophe mit zuversicht agieren können? ich finde die vorschläge aus dem publikum sympatisch, es geht um mehr nähe zur eigenen lebenswirklichkeit, um realistische perspektiven, um mehr phantasie (warum soll die welt so bleiben, wie sie ist? gibt es nicht auch andere entwürfe?).
insgesamt bin ich aber dann doch froh, dass ich um viertel vor neun auf strassenniveau an die frische luft komme. gemütlich gehe ich zum bahnhof, wo schon bald mein zug einfährt. auf dem heimweg muss ich einmal umsteigen, dafür bin ich nicht wieder mit der strassenbahn unterwegs. ein entfernter bekannter hat mir auf whatsapp eine sprachnachricht hinterlassen, er lädt mich ein, eine geniale geschäftsidee kennenzulernen. puuh. gleich komplett blockieren? oder reicht es vorerst, einfach nicht zu antworten? man wird es sehen.
in einer viertel stunde müsste ich in baden ankommen, wo mein velo auf mich wartet.