heute nachmittag habe ich zur feier des michaelstags kuhhörner mit kuhsch*** gefüllt.
oder man könnte auch sagen, ich habe bei den vorbereitung des biologisch-dynamischen spritzpräparats nr. 500 mitgewirkt. da sich das eine wie das andere ein wenig absurd anhört, muss ich vielleicht ein bisschen weiter ausholen.
der hof, von dem wir durch die gemüsegenossenschaft biocò unser gemüse beziehen, wird biologisch-dynamisch bewirtschaftet. damit gehört zum hof eine mutterkuhhaltung, die auf den ersten blick wenig mit der gemüsewirtschaft zu tun hat. aber eben nur auf den ersten blick, wie ich heute lernen durfte. denn zur biologisch-dynamischen wirtschaftsweise gehört auch das ausbringen von spritzpräparaten, konkret von hornmist (den wir heute nachmittag vorbereitet haben) und hornkiesel. ausserdem werden mit fünf weiteren kompostpräparaten die kompostmieten geimpft.
für das herstellen des hornmistes braucht es natürlich kuhhörner. die hörner können fünf jahre lang verwendet werden, aber eine kuh lebt fünfzehn jahre.
und es braucht mist. und zwar frischen, ohne mistkäfer und andere tiere, die sich doch recht rasch einstellen (und von der richtigen konsistenz).
denn der mist muss in die hörner. und zwar sollen die hörner gut ausgefüllt sein, keine hohlräume und keine luft mehr vorhanden sein. dazu füllt man mit einem holzspatel kleine mengen kuhmist ein und klopft dann das horn auf. durch die windung geht das ganz gut.
wir füllten die hörner in einer runde zu siebt. und nebenbei durfte ich alle fragen stellen, die ich wollte. zum beispiel warum es kuhhörner und kuhmist sein muss. die verdauung der wiederkäuenden kuh stellt, wie ich erfahren durfte den idealfall der pflanzenverdauung dar. und bei diesem langsam fortschreitenden prozess entstehen gase, die bis in die hörner der kuh gelangen und dort informationen "ablagern".
die hörner werden in einer humushaltigen erdgrube vergraben, nachdem sie traditionell um den michaelstag gefüllt wurden. sie bleiben im boden bis ostern, dann werden sie ausgegraben und der inhalt in wasser verrührt, mit dem dann bereits vor der aussaat das vorbereitete land gespritzt wird. der inhalt eines kuhhorns reicht für etwa einen hektar. mit dem präparat gelangt nicht etwa dünger in den boden (das wäre dann doch arg wenig), sondern informationen. für die erdbewohner, die diese dann an die pflanzen weitergeben. dabei zählt einerseits das absichtsvolle tun, andererseits darf aber wieder das spritzpräparat nicht mit einem zweck oder spekulativ geschehen, sondern eher mit dem gedanken, der erde etwas zurückzugeben von dem was sie uns gibt. (hier gibt es eine schöne skizze mit erklärung zum hornmist.)
ganz so geradlinig, wie es sich hier nun liest, war aber das gespräch nicht. denn es ging auch darum, dass sich die gesundheit der kuh, das futter, aber auch die klimatischen bedingungen im hornwuchs bemerkbar machen. dass es kühe gibt, denen kaum noch hörner wachsen. es ging um andere behörnte tiere, grosse gehörne korrelieren wohl mit schwierigeren ernährungssituationen, will heissen mit weniger nahrhaftem oder ligninhaltigerem futter, auch bei wildtieren. (und bei schafen?) es ging um die informationen, die auf dem hof bleiben, aber auch universell sein sollen. es ging um das missverhältnis zwischen den kühen und den benötigten hörnern. und darum, dass es vor allem darum geht, sich mit dem vorgang zu beschäftigen, und die hörner und der mist eigentlich garnicht nötig sind.
wer jetzt in etwa so verwirrt ist, wie ich nach diesem nachmittag, dem sei noch gesagt, ganz abgesehen vom theoretischen hintergrund macht es spass, es ist ein spannendes haptisches erlebnis, die hörner zu füllen, sie tönen lustig beim aufklopfen und in der runde geht die arbeit gut von der hand. und danach gab es apfelkuchen und kaffee unter der linde.
leider konnte ich beim eingraben nicht mehr dabei sein, das fand ich schade.