der november gibt sich hier gerade alle mühe, sämtliche klischees zu erfüllen. es ist windig, es ist nass, es ist streckenweise sogar kalt. das draussen besteht vor allem aus widrigkeiten wie regen mit wind, wind mit regen und massenhaft nassem laub und regenwürmhäufchen auf der wiese. den garten lassen wir also weiträumig garten sein und seinen winterschlaf geniessen.
aber ab und zu muss man ja trotzdem raus. traditionell bieten sich dafür im november museen und ausstellungen an (und keineswegs advents- oder gar weihnachtsmärkte, die sind nämlich meiner meinung nach wirklich erst deutlich später dran. und bei novemberwetter eh nicht gut zu besuchen.)
es folgt nun eine art aufzählung, weil ich nicht weiss, wie ich anders die kurve zu den an und für sich unverbundenen unternehmungen der letzten beiden wochenende bekommen soll.
1.
am samstag vor einer woche sind wir nach zürich gefahren. anlass war eigentlich miesmuschelessen im von uns für diesen zweck bevorzugten café des amis, aber damit sich die fahrkarte in die nicht gar so grosse stadt lohnt, haben wir gleich zwei unternehmungen vorgeschaltet. zuerst spazierten wir ins haus konstruktiv, einfach so auf gut glück, weil ich es mittlerweile meide, die fotos des museums auf den sozialen medien anzuschauen, da ich sonst die halbe ausstellung schon gesehen habe. wir waren positiv überrascht von der konzeptuellen kunst von damián ortega und eher gelangweilt von den konstruktiven grossflächigen wandinstallationen von marguerite hersberger. (das ist natürlich ein absolut subjektiver eindruck, es könnte ihnen komplett anders ergehen in der ausstellung)
ortega hat für diese installation vorwiegend mit ton gearbeitet und versucht, sich auf das material unvoreingenommen und spielerisch einzulassen.
dazu ortega selbst:
«Die Stücke entstanden in einer Phase des Experimentierens und des intuitiven Spiels, in der die Keramik dadurch, dass sie auf unterschiedlichste Arten modelliert und gebrannt wurde – vom Rohmaterial bis hin zum Brennen bei hohen Temperaturen – anfing, ihre eigenen Bilder und Verbindungen zu entwickeln».
die ganze installation und präsentation der tonobjekte spielt dazu mit der vorstellung von der vermittlung historischen wissens, denn ortega verknüpft seine objekte mit überlegungen zu zahl und raum, zu scheibe und rad, zu tauschhandel und wertschöpfung und verleiht den gerade geschaffenen objekten den nimbus historischer artefakte.
so viel wollte ich eigentlich gar nicht dazu schreiben - wenn es sie interessiert, sehen sie sich vielleicht einfach den gut gemachten einführungsfilm der kuratorin sabine schaschl an.
nach dem relativ kurzen besuch im museum gingen wir wie geplant durch den regen (also den regen hatten wir nicht geplant, der fiel einfach so) zur sternwarte der stadt zürich. unter der eigentlichen sternwarte befindet sich nämlich eine bar und dorthin zog es uns (zugegebenermassen gutscheinhalber, aber aus der auswahl an gastronomie, die der gutschein, den kai bekommen hat, abdeckt, erschien uns die jules verne bar das attraktivste angebot.)
um in den elften stock der uraniasternwarte zu gelangen, mussten wir uns zuerst in einem anderen restaurant anstellen und wurden dann tröpfchenweise in den aufzug gelassen. bevor plätze in der bar frei wurden, habe ich noch dieses foto gemacht:
es ist der blick das limmatal hinuntern, nur eben von einer sehr ungewohnten perspektive mitten in der stadt. das wetter bot reichlich drama, der üetliberg verschwand kurz mal komplett in einer regenfront und auf der anderen seite sah man mal den see, mal sah man ihn nicht.
die bar erwies sich als angenehm, wir tranken ein bisschen wein und knabberten ein wenig nüsse, schauten der stadt beim erleuchten zu und beschlossen, dass wir hier noch mal herkommen wollen. eventuell auch mit besuch. dann war es zeit, zum muschelessen aufzubrechen. um uns ein bisschen hunger zu holen, gingen wir zu fuss über die europaallee, den negrellisteg und die kornhausbrücke.
2.
diesen samstag hatte eine vereinskollegin zur ausstellung in ihren räumlichkeiten in rheinfelden geladen. sie hat mir einiges an filzerfahrung und lebenszeit voraus - ich fand die ausstellung fein, fast eine art gesamtschau ihres schaffens. ich hoffe es ist mir gelungen, ihr dies so zu sagen, dass sie sich nicht schon mit einem fuss im grab gefühlt hat.
danach blieb noch ein bisschen zeit um durch rheinfelden zu schlendern.
bei der durchsicht meiner fotos kam mir der gedanke in den sinn, dass ich ihnen da ein bisschen farbe und licht mitgebracht habe von meinem umweg zum bahnhof. auf dem letzten bild sind tatsächlich granatäpfel zu sehen, die geschützt in einem ummauerten hof dort in rheinfelden wachsen - reif werden sie wohl nicht richtig, sagten mit die besorger des gartens, aber einen schönen anblick bieten sie trotzdem. und ich durfte mir zwei früchte mit nach hause nehmen.
3.
am heutigen sonntag wollten wir nicht weit gehen, aber doch ein bisschen an die frische luft und etwas sehen. unser ziel war die villa langmatt, das ehemalige wohnhaus der familie von sidney brown, einem der begründert der bbc, die hier in baden lange zeit die wichtigste ansässige industrie war.
er hat mit seiner frau jenny brown bereits zu beginn des zwanzigsten jahrhunderts impressionistische gemälde gesammelt, zu einer zeit, als diese noch zeitgenössische kunst waren und der malstil höchst umstritten.
haus und privatsammlung sind mittlerweile eine stiftung - aber auf diese weise als ensemble zusammengeblieben. und vielleicht haben sie ja schon davon gelesen, die stiftung braucht geld, für die sanierung des gebäudes, für einen neubau und vor allem für die weiterführung ihrer arbeit, für die sie immer wieder zeitgenössische künstler in die alte industriellenvilla einladen um auf die geschichte und die sammlung zu reagieren und zu antworten. drei bilder aus der sammlung wurden deshalb jüngst versteigert, für die sanierung der gebäude hat die stadtbevölkerung der stadt baden einem zuschuss in einer abstimmung zugestimmt und nun kann es demnächst los gehen mit dem umbau und der sanierung. (alles zur gesamtsanierung kann man übrigens hier nachlesen.)
zur zeit (und nur noch bis zum 10.12.) sind deshalb unter dem titel "forever young" noch einmal grosse teile der gemäldesammlung zu sehen, aber auch die vielen kleinen details, die wir nach bei vielen besuchen im museum entdeckt haben. (im saal oben haben wir auch schon federball gespielt, bei der ausstellung ging es um sport?)
festhalten musste ich unbedingt noch die tischdecke im esszimmer - hier unterschrieben gäste des hauses und um ihre unterschrift zu konservieren, wurde sie von jenny sulzer-brown nachgestickt. ist das nicht eine zauberhafte idee?
im haus gibt es auch eine sammlung von keramiken, die ich schon immer eher seltsam als schön fand.
aber die langmatt wäre nicht die langmatt, wenn es nicht auch zum thema zeitweilige schliessung, umbau und sanierung eine künstlerische intervention gäbe:
unter anderem wird reto boller den prozess des umbaus begleiten und macht jetzt bereits auf den beginn der arbeiten aufmerksam.
den park hat ash keating bereits im sommer verändert.
das ehemalige wohnhaus des letzten bewohners der langmatt wurde von ihm mit farbe aus feuerlöschern besprüht - das gebäude wird einem neubau weichen, in dem der eingangsbereich des museums seinen platz finden soll.
ein blick zurück und ein erinnerungsfoto zeigen, dass das haus wirklich schon bessere zeiten gesehen hat.
ich werde nächste woche noch einmal hier sein - für den letzten adventsmarkt vor dem umbau.
Da habt Ihr ja aus dem Novembergrau wirklich das Beste gemacht. Das sieht nach zwei sehr interessanten Wochenenden aus. Danke fürs virtuelle Mitnehmen! Lieben Gruß Manuela
AntwortenLöschenBrillant formuliert! Dein Beitrag ist herausragend, bietet aufschlussreiche Perspektiven. Schätze es, dass du deine Weisheit teilst.
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