schon am montag war die neue ausgabe der felt matters, der zeitschrift des internationalen filzerverbands (ifa) im briefkasten. für mich nicht überraschend, habe ich ja text und bilder geliefert, ist ein artikel über mich drin.
ich freue mich, dass an so prominenter stelle, die werke meiner schülerinnen im heft zu sehen sind - auch weil ich wirklich gerne unterrichte und ich über die ergebnisse immer sehr begeistert bin. und natürlich freue ich mich auch, dass ich die gelegenheit bekommen habe, meine arbeiten im heft vorzustellen. dafür geht ein dank an meine lehrerin johanna rösti.
die rhetorische frage, die da herausgehoben wurde, trifft es natürlich auch hervorragend!
wer den text gerne lesen möchte, findet ihn hier in englisch. (ein grosses dankeschön noch einmal an meine übersetzerin!)
und hier direkt im blog im deutschen original (aber halt ohne bilder):
Stefanie
Hofmann
Filzerin
(1)
Filz
ist ein organisches Material – muss es deshalb auch immer in
organischen Formen daherkommen?
In
dieser Spannung zwischen dem weichen, organischen Material und
strengen geometrischen Gestaltungsprinzipien entstehen die
geflochtenen, gefilzten Wohnaccessoires von Stefanie Hofmann unter
dem Label „filzquadrat“.
Zum Filz
gekommen bin ich vor mehr als 15 Jahren durch meine Neugier.
Natürlich war vorher schon eine Freude am textilen Arbeiten da,
Stricken, Häkeln, Spinnen, Weben, alles ausprobiert. Aber da gab es
noch etwas Neues zu entdecken. Eine neue Technik, die sich von den
klassischen textilen Techniken abhebt, weil sie mit dem rohen, dem
ungeordneten Material arbeitet.
Erste
Filzerfahrung sammelte ich zusammen mit meinen Kindern. Direkt mit
der relativ groben Wolle, mit viel Seife und Wasser und reichlich
Versuch und Irrtum. Das Material gefiel mir, die Technik sowieso.
Beeindruckt hat mich von vornherein, dass da etwas Dreidimensionales
entstehen konnte. Ganz ohne Nähte, und mit genügend Geduld und dem
richtigen Verhältnis von Wollmenge zu Ausdehnung des Filzobjekts
auch mit der Stabilität um in den Raum zu wachsen.
Mehr über
die Möglichkeiten der Verarbeitung von Wolle zu Filz lernte ich
während der dreijährigen Ausbildung im Bildungsgang Filz am
Kurszentrum Ballenberg in der Schweiz. Bereits hier experimentierte
ich mit farbigen Flächen und Kontrasten zwischen satten Farben und
Grautönen. Ein wichtiges Thema war für mich auch die funktional
angemessene Verwendung der vielen unterschiedlichen Materialien. (2)
Die
technische Ausbildung war eine wichtige Grundlage, dazu kamen während
der sechs Module und sechs eigenständig zu erstellenden Arbeiten
aber auch die Anregung und Notwendigkeit, sich mit der Gestaltung
vertieft auseinanderzusetzen.
Angezogen
von der einfachen geometrischen Formensprache fand und finde ich bis
heute meine Inspirationen in der konstruktiven und konkreten Kunst
und im Bauhaus. Zum Beispiel flossen auch Elemente aus der Farben-
und Formenlehre von Johannes Itten in meine Arbeit ein. Im Rahmen
meiner Abschlussarbeit, für die ich mir von Josef Albers den Titel
„Hommage an das Quadrat“ auslieh, stiess ich auf die Webarbeiten
seiner Frau Anni Albers, von Benita Otte und Gunta Stölzl, die als
Inspiration für die flächige Gestaltung einiger Würfel dienten. Im
Haus Konstruktiv in Zürich lernte ich das Werk weiterer, eher
weniger bekannter Konstruktivisten kennen, vor allem Camille Graeser
und Vera Molnar beeindruckten mich durch ihre Arbeitsmethoden, mit
Hilfe derer sie immer wieder neue Muster aus einem einzigen
Grundprinzip heraus schaffen.
Die
Umsetzung der Anregungen aus diesem Umfeld in Filz stellt sich jedoch
nicht ganz einfach dar. Die Gestaltung von Filz mit Farbflächen,
Linien und geometrischen Grundformen stösst häufig an Grenzen
aufgrund der ureigenen Materialeigenschaften, die eher zum Runden,
Organischen tendieren. Trennscharfe Farbflächen sind je nach
Material nur schwer zu erlangen. Ecken und Kanten im Filz werden oft
eher rund als eckig. Vor allem gröbere und langfaserige Wollen
tendieren zum Verschmelzen und Vermischen der Farben an den Kanten,
sowie zum Runden der Ecken. Trotzdem braucht es sie der Stabilität
halber gerade für grössere Objekte.
Für die
Herstellung von Würfeln und für scharf abgetrennte geometrische
Flächen musste ich darum einen neuen Weg finden. Inspiriert von
Papierflechtarbeiten versuchte ich Ähnliches in Filz. Die
Arbeitsweise musste ich allerdings daran anpassen, dass der Filz ja
zunächst anders als Papier oder andere Flechtmaterialien nicht steif
ist. Dadurch entwickelte ich eine spezielle Technik, die es erlaubt,
dem Filz sowohl in Form als auch in der Fläche Ecken und Kanten zu
geben.
So
entstehen meine meist würfel- oder quaderförmigen Filzobjekte aus
vorgefilzten, miteinander verflochtenen Streifen zunächst über
einer Schablone in der Fläche und erhalten ihre Stabilität erst
durch das abschliessende kräftige Walken. Zum Trocknen werden sie
zudem auf Holzmodel gezogen. Ecken und Kanten sind mit dieser Methode
gut ausformbar, weil an den Kanten und Anstossstellen der einzelnen
Filzstreifen relativ weniger Material als in der umgebenden Fläche
vorhanden ist. Auch in der Fläche ermöglicht das Schneiden und
Verflechten der einzelnen Streifen klar voreinander abgegrenzte
Farbflächen mit geraden Seiten und rechten Winkeln. (3,4,5,6)
Für diese
Technik muss jedoch jedes Objekt sorgfältig geplant werden. Die
Materialstärke und die Breite der Flechtstreifen müssen gut
austariert werden, um ein geschlossenes Geflecht zu ermöglichen.
Benötigte Anzahl und Länge der Vorfilzstreifen müssen berechnet
und dokumentiert werden. Dabei muss beachtet werden, dass die
Vorfilzfläche doppelt so gross ist, wie die Oberfläche des Objekts
vor der Schrumpfung.
Die Technik
des Verflechtens von einzelnen vorgefertigten Filzstreifen bietet
viele Möglichkeiten gerade im Bereich der Innendekoration – Körbe,
Kissen, Flächen zum Sitzen oder Liegen, aber auch Teppiche für Wand
oder Boden entstehen vor allem auf Bestellung in meiner Werkstatt.
(11, 12) Meine spezielle Technik des Flechtens und Filzens mit allen
notwendigen Schritten vermittle ich aber auch in Kursen für
fortgeschrittene FilzerInnen. (7)
Für meine
Arbeiten verwende ich fast ausschliesslich Wolle. Kleinere Objekte
entstehen aus feiner Merinowolle, auch aus Mischungen mit Seide oder
anderen Edelfasern. (8) Leuchtobjekte und Accessoires, vor allem
Schals, gelingen durch die Kombination mit Stoffstreifen. Für
grössere Objekte wie Einkaufstaschen, Körbe, Sitzfilze und Teppiche
kommen gröbere Neuseelandwollen oder Wolle von in der Schweiz oder
in Süddeutschland heimischen Rassen zum Einsatz. Gerne arbeite ich
mit dem Kontrast zwischen ungefärbter und bunter Wolle. Da ich den
grössten Teil meiner Vorfilze selbst herstelle, kann ich auch mit
zweilagigen Vorfilzen arbeiten: eine Schicht naturfarbene, relativ
grobe Wolle und eine zweite Schicht bunte, feinere Wolle ergänzen
sich durch das Verflechten zu spannenden Kombinationen. (3, 4, 5)
Hier wird dann die gegenseitige Durchdringung und Vermischung zum
gewünschten Effekt. Ganz speziell reagieren hier die Schnittkanten
der Streifen, die sich auf der Gegenseite fein abheben und ein
zusätzliches Muster ergeben.
Schon daran
wird sichtbar, dass die Verwendung von einzelnen miteinander
verflochtenen Vorfilzstreifen nicht einfach nur die oben genannten
technischen Probleme löst, sondern in der Gestaltung der Flächen
eine grosse Palette von Möglichkeiten eröffnet. Bereits durch das
Auf und Ab der Streifen, die einfache Leinwandbindung also, ergibt
sich bei Verwendung verschiedener Farben in den beiden
Flechtrichtungen eine schier unerschöpfliche Anzahl an möglichen
Mustern. Dazu kommen andere Bindungsarten und freie Bindungen, die
nahezu jedes geometrische Muster erlauben. (9) Zusätzlich kann die
Breite der Streifen selbst regelmässig oder unregelmässig variiert
werden oder es können die Farben innerhalb der Streifen wechseln.
Aus meiner
Arbeitsweise entstanden neue Querverbindungen: zum Weben, wie bereits
erwähnt, aber auch zum Flechten. Aus der Flechterei kommen
Anregungen für neue Formen. Schräg geflochtene Behälter führen
teilweise weg von streng rechtwinkligen Formen und eröffnen immer
neue Möglichkeiten der Gestaltung, die in Zukunft noch stärker
ausgelotet werden wollen. (10)
Toller Artikel!
AntwortenLöschenGratuliere!
wow! welche ehre! herzlichen glückwunsch!
AntwortenLöschen♥ monika
Sehr verspätet, aber von Herz..-lichen Glückwunsch, liebe Stefanie! Wo finde ich denn den Text auf englisch; der link funktioniert leider nicht. Grüße über´s Meer, Anu
AntwortenLöschenLiebe Anu, dankeschön! Der Link sollte jetzt wieder funktionieren, man muss den text aber herunterladen! Liebe Grüsse, stefanie.
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