Montag, 29. Januar 2024

stadtspaziergang im januar

 eigentlich wollten wir nur muscheln essen gehen. aber weil man sich dafür am besten einen guten hunger auf einem spaziergang holt und wir sowieso in zürich waren, waren wir gestern bei schönstem winterwetter in der stadt unterwegs. 

und obwohl ich die kamera dabei hatte, müssen sie sich die ersten beiden bilder vorstellen. nach dem aussteigen am bahnhof stadelhofen überquerten wir die sechseläutenwiese, auf der viele zürcher*innen auf den aufgestellten stühlen die wintersonne genossen. 

am seeufer standen wir dann ein wenig überraschend mitten in einer menge von hunden, genauer gesagt windhunden, noch genauer soeben geg**gelt: spanischen galgos. hier war soeben eine demo - oder ein protestmarsch zu ende gegangen, der auf das elend der aus der zucht ausgeschlossenen jadghunde aufmerksam machen soll. schöne tiere. 

weiter folgten wir dem see zum arboretum - wie viele andere spaziergänger*innen an diesem schönen wintertag auch. vom seeufer ging es dann weiter über den bahnhof enge zur reformierten kirche enge, die uns, auf einem hügel gelegen und von einer für zürich ungewöhnlichen kuppel überwölbt, im november beim besuch der bar im turm der sternwarte aufgefallen war. 

wir konnten sogar einen blick ins - für einen reformierte kirche ungewöhnlich opulent ausgestattete - innere werfen. 

seitenfenster - mit kleinen engelsköpfchen verziert.

auf der empore stehen die erneuerer zwingli und luther...

den gründern der christlichen kirche gegenüber. und zwar genau in dieser leserichtung und nicht etwa zuerst petrus und paulus und dann die reformatoren.


das fenster in der kuppel wird in den ecken gerahmt von den vier evangelisten lukas, markus, matthäus und johannes. 

draussen vor der kirche diese geheimnisvolle karte am boden - entpuppte sich dann aber als langweilige visitenkarte eines reisebüros oder einer finanzdienstleistungsagentur. 

weiter führte uns der weg in richtung museum rietberg - unterwegs schauten wir noch kurz in den bonsaigarten, der aber eigentlich nicht offen gewesen wäre. viel gab es nicht zu sehen, aber das anwesende gärtner lud uns ein, bald (also ab märz) wiederzukommen. 

kurz darauf hatten wir unser nächstes etappenziel erreicht - das museum rietberg, ein museum für aussereuropäische kunst. 

in seiner sammlung hat das museum gerade die ausstellung "wege der kunst - wie die objekte ins museum kommen" installiert. gerade bei aussereuropäischer kunst wird ja glücklicherweise seit einiger zeit genauer hingeschaut, was da so wie in die europäischen museen gelangen konnte.

die sammlungen mit reichlich vielarmigen indischen gottheiten, goldig glänzenden buddhas und viel asiatica sagen mir per se eher weniger, aber die idee, den weg verschiedener objekte und ganzer sammlungen zu verfolgen, finde ich lohnenswert. die schweiz als land ohne kolonien, aber deshalb natürlich nicht ohne koloniale vergangenheit, das sammeln reicher industrieller, kunst und wissenschaft als hintergrund für das anlegen von kollektionen und natürlich nicht zuletzt der "sichere hafen" schweiz für - nicht nur jüdische - intellektuelle, dichterinnen und künstlerinnen während der nazizeit sorgen dafür, dass die wege der objekte reichlich verschlungen sind. 

in die sammlung eingestreut arbeitet die ausstellung mit vitrinen, in denen je eine sammler*in oder ein weg in die sammlung vorgestellt wird. hier hätte man sich ein mehr erzählerisches vorgehen vorstellen können, die texte sind teilweise arg trocken und intellektuell gehalten und man ahnt oft nur die biographischen verwicklungen, die hinter dem einzelnen fall stehen. so begegneten wir hier auch wieder den objekten, die sidney brown (einer der mitbegründer der bbc, hier kam er schon öfter als besitzer der villa langmatt und sammler des französischen impressionismus vor) von einer reise, die eigentlich dem erwerb einer goldmine dienen sollte, mehr zufällig als gewollt mitgebracht hat und teilweise bis heute in baden liegen.

offen mit den nicht immer auf ganz legalem wege in die sammlung gekommenen objekten umgehen, heisst, die ansprüche der herkunftsländer ernst nehmen zu müssen, eröffnet aber halt auch manchmal erst die möglichkeit, auch fragmente in ihren historischen zusammenhang einzuordnen und so erst ihren wissenschaftlichen wert richtig einschätzen zu können - schön gezeigt an einem bruchstück aus der maya-kultur. hier wird aber auch sichtbar, dass man sich in den fünfziger und sechziger jahren des zwanzigsten jahrhunderts durchaus bewusst war, dass man gegen geltende gesetze handelte. 

und noch was gelernt: erster direktor des musem rietberg war johannes itten. ja genau der itten, den ich und vermutlich auch sie vor allem mit dem bauhaus in verbindung bringen.

aus einem der fenster der villa noch mal ein blick zurück zur kirche enge. um fünf liessen wir uns aus dem museum werfen und spazierten weiter durch den park der villa schönberg.

hier ein bisschen frühlingsboten in form des winterblühenden schneeballs.

künstlich angelegte grotten und ein gartenhäuschen im park - es dämmerte schon ein wenig. 

weiter ging es dann ein stück mit der strassenbahn 7 bis zum schaffhauserplatz.

von dort oben ein blick auf die berge im abendrosa. wir hatten noch ein stündchen zeit und nutzten sie für einen apero im kafischnaps, bevor wir zum café des amis und den vermutlich letzten miesmuscheln der saison weiterzogen.

ein spaziergang drinnen und draussen, wie es für den winter in der stadt gut passt und endlich mal eine gelegenheit, zu den sonntagsspaziergängen von kristina beizutragen.



2 Kommentare:

  1. Johannes Itten ist mir vor allem wegen seiner Farbenlehre ein Begriff. Vom Museum Rietberg habe ich noch nicht so lange gehört. Erst von der in Langnau lebenden Tante des Besten, die da gerne mal hingeht, dann wegen der Anfang Jänner zu Ende gegangenen Kimono-Ausstellung des V&A. Die ich leider nicht geschafft habe zu sehen, aber immerhin den Katalog zu Weihnachten bekommen habe. Die Ausstellung, die du vorstellst, klingt aber stellenweise durchaus interessant. Schade, dass die Texte etwas abgehoben waren. Zürich mag ich seit meinem erstmaligen Besuch im August 2022 sehr gern, die Gegend, in die du uns bei deinem Spaziergang führst, kannte ich noch nicht und freue mich sie bei einem weiteren Besuch zu erkunden.
    Liebe Grüße, heike

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  2. auch für mich ist itten durch das bauhaus und seinen farbkreis bekannt. aber ich wusste nicht mal, dass er schweizer war.
    die hübschen blüten des winterschneeballs hab ich diesen winter noch gar nicht gesehen. dafür jetzt endlich die ersten schneeglöckchen und winterlinge. beutekunst ist ja in vielen museen ein großes thema, besonders auch in den sog. völkerkundemuseen. aber ich weiß leider nicht allzuviel darüber.
    ich hoffe, die muscheln haben geschmeckt, ich hab sie dieses jahr verpasst.
    lieben gruß von mano

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