die schönen zackelschafe auf einer weide unweit von uns zuhause waren mir schon vor längerer zeit aufgefallen - und immer wieder habe ich mal daran gedacht, den halter zu kontaktieren. dann trafen die tochter und ich im vergangenen jahr einmal einige tiere auf einer weide beim schwimmbad an. gegenüber weideten ein paar andere schafe und zufällig war jemand bei den schafen, der uns sagen konnte, wem die zackelschafe gehören. dann zögerte ich wieder einmal ein bisschen und fasste mir aber schliesslich doch im frühen frühjahr ein herz und schrieb eine mail, die auf ein sehr positives echo stiess - dem schafzüchter war meine werkstatt aufgefallen und er rechnete bereits mit einer kontaktaufnahme...
und lud mich tatsächlich umgehend zur schafschur und zum aussuchen eines vlieses ein. am vergangenen donnerstag war es dann so weit.
ich traf noch ein bisschen vor dem schafscherer ein, so dass ich mir zuerst die schafe zeigen lassen konnte, die schon im stall für die schur bereitstanden. schöne tiere, mit charaktervollen, schmalen köpfen und ganz langen locken sind die zackelschafe, die ursprünglich aus ungarn kommen. sie sind eine sehr ursprüngliche rasse und eng mit mit dem südwestasiatischen wildschaf urial verwandt. dementsprechend robust und wenig krankheitsanfällig sind sie auch. auch ihre wolle würden sie an und für sich alleine abstossen - aus tierschutzgründen ist aber in der schweiz eine jährliche schur vorgeschrieben. auf dem foto oben kann man das abstossen der wolle bereits am hals gut sehen. (wer mehr über die tiere wissen will, findet informationen
auf der homepage des züchters)
als der schafscherer eintraf, ging dann alles ganz fix. innerhalb von ein paar minuten waren die plattform zum scheren, der motor und das gestänge mit dem messer aufgebaut. der scherer zog noch rasch schuhe ohne sohle an, mit denen er die schafe besser spüren und sie nicht verletzen kann.
denn scheren ist voller körpereinsatz. zwar hängt der scherer in einem gurt und entlastet so seinen rücken, aber da er beide hände zum scheren braucht, setzt er vor allem die beine ein, um das schaf in die richtige position zu bekommen.
dabei scheint der körperkontakt die tiere durchaus auch zu beruhigen.
ruhig und zügig wird das vlies am stück entfernt.
nicht ganz ungefährlich sind die hörner beim scheren - nicht weil die schafe sie gezielt einsetzen würden, sondern weil sie halt schon echt lang und abstehend sind. insgesamt ist das scheren eine ruhige prozedur, nur störungen vertragen die tiere nicht so gut und die spannung ist schon spürbar.
eins nach dem anderen wurden 23 tiere geschoren, anschliessend noch die klauen gepflegt und dann durften sie wieder zurück in die herde. die erfahreneren tiere finden alleine zurück, wer zum ersten mal geschoren wird, wird zurück begleitet. überhaupt hätten alle tiere ihre eigenarten und eine feste aufgabe in der herde, erzählte der züchter. so gäbe es tiere, die streit schlichten und die die anderen tiere beruhigen und dann auch eins, das eingreift, wenn es mal dringend sein muss...
der grösste teil der wolle wird leider nicht weiterverarbeitet. ich durfte mir zwei vliese aussuchen und habe ein weiteres mitgenommen um zu versuchen, es am stück zu einem vegetarischen fell zu verfilzen. einige vliese waren schon arg verfilzt - was einerseits am späten schurtermin, aber auch daran liegt, dass die natur ja das abstossen des fells vorgesehen hat, was dann in grösseren verfilzten placken geschieht. vier weitere schöne vliesse werden später abgeholt. meine aufgabe beim scheren war das sortieren der wolle und die entscheidung, welche vliese sich fürs filzen eignen und welche nicht. was ich aus der wolle machen werde? sicher ein paar vegetarische felle, aber die schönsten locken reserviere ich mir für windlichte ... und dann werde ich weiter schauen, was man draus machen kann.
nach dem scheren durften die schafe wieder auf die weide, wo sie wegen des kurzen fells nun dringend schattenbäume brauchen, bis das fell ein wenig nachgewachsen ist.
anschliessend gab es noch ein mittagessen und ein bisschen zeit, mit dem scherer aus dem freiamt zu reden und mit den anderen helferinnen. ein schöner tag, für den ich mich auch mit diesem blogbeitrag noch einmal beim gastgeber und seiner helferin bedanken möchte!
Ein schöner Name für beeindruckende Hörner. Ich oute mich hier jetzt mal als gänzlich uninformiert was Schafe angeht und frage gänzlich unbedarft: Ist das bei anderen Schafrassen auch so dass die Wolle selbst abgestoßen werden würde, wenn man sie nicht vorher scheren würde? Wäre eigentlich logisch, denn wie haben die Schafe das vor der Domestizierung durch den Menschen gemacht? Spannend jedenfalls, dein Bericht. Da waren einige Aha-Momente dabei, bei einigem über das ich mir vorher keine Gedanken gemacht hatte und das dann völlig logisch schien.
AntwortenLöschenLiebe Grüße, heike
Liebe Heike,
AntwortenLöschenda hole ich doch gerne ein bisschen aus. Weil Du hast natürlich recht, bevor der Mensch die Schafe domestiziert hat, mussten die ihr Fell natürlich auch irgendwie loswerden. Nur nachdem der Mensch die Schafe als Nutztiere entdeckt hatte, wollte man das Loswerden natürlich tunlichst verhindern, denn unterwegs in verfilzten Fetzen verlorene Wolle ist nicht so brauchbar wie gezielt geschorenes Vlies.
Langer Rede kurzer Sinn: die meisten traditionellen Schafrassen müssen geschoren werden, damit sie nicht unter den nachwachsenden Wollmassen leiden. Mindestens einmal pro Jahr, das schreibt in den meisten Ländern der Tierschutz vor. Manchmal wird auch zweimal geschoren, vor allem dann, wenn die Schafe den Winter im Stall verbringen. Weil die Wolle nix mehr wert ist, aber meist nur einmal im Jahr im Frühling.
Und deshalb gibt es auch einen Trend, wieder Schafe zu züchten, die die Wolle selbst verlieren, es gibt sogar moderne Schafrassen, die das können. Schwierig wird es bei den alten Rassen wie den Zackelschafen, weil die halt dann so zerfleddert auf der Weide rumstehen und dann Spaziergänger den Tierschutz benachrichtigen.
Was magst Du noch über Schafe wissen?
Liebe Grüsse, Stefanie.