Dienstag, 7. August 2018

klützer winkel

relativ kurzfristig haben wir als verlängerung zu unserem aufenthalt in soltau, der wegen des filzworkshops ja schon lange feststand, eine woche meerferien gebucht. dabei waren wir nicht auf nord- oder ostsee festgelegt, nur nahe am strand liegen sollte die unterkunft.


so fiel unsere wahl auf barendorf, einem ort im klützer winkel, also zwischen dem seebad boltenhagen und der travemündung.


 da wir nicht weit von dem drolligen ortsschild oben entfernt wohnten, war es wirklich nah zum strand, mit den fahrrädern sowieso. vom balkon der ferienwohnung hatte man zudem einen wunderbaren blick aufs meer nebst sonnenuntergang (natürlich nur abends.) ausserdem kamen immer mal wieder grosse schiffe vorbei, die wir aber merkwürdigerweise in keinem fall fotografiert haben.


bis auf drei ausflüge liessen wir es an der ostsee eher ruhiger angehen, radelten einfach mal so herum, waren immer wieder zu den unterschiedlichsten zeiten am strand und ab und zu auch im wasser, wobei die ostsee so warm war, dass sie keine rechte abkühlung mehr brachte.


abends waren wir meist noch zum sonnenuntergang am meer, dabei hatten wir immer mal wieder ungewöhnliche begegnungen, zum beispiel mit pferden, die auch schwimmen gingen (nicht im bild),


mit neugierigen möwen,


oder mit einem merkwürdigen flugobjekt, einem gleitschirm mit motor.
als hier noch eine der bestbewachten grenzen in europa war hätte sich vielleicht mancher so ein fluggerät gewünscht. oder doch nicht, denn es war nicht ganz leise und wäre sicher rasch entdeckt worden. entlang des rad- und wanderwegs, der hinter dem strand entlang führt und früher den grenzsoldaten als postenweg diente, sind tafeln aufgestellt, die an die vergangenheit dieses küstenstrichs erinnern. dem strand durfte man sich zu ddr-zeiten nur bis auf etwa 500m nähern, trotzdem haben viele menschen versucht, schwimmend aus der ddr zu fliehen und entweder ans schleswigsche ufer zu gelangen oder von einer fähre aufgefischt zu werden. dabei gab es quasi keine landkarten, was die flucht zusätzlich erschwerte. einige haben es geschafft, viele sind aber auch gescheitert.


 heute findet man vom priwall gegenüber travemünde, der übrigens noch zu lübeck und damit zur bundesrepublik gehörte, bis nach boltenhagen einen langen naturstrand, den man an zahlreichen strandzugängen betreten kann. teilweise hat es einfache gastronomie und meist auch toiletten.


 mit dem rädern zog es uns immer wieder in richtung priwall und an die trave.


 hier legen die ganz grossen fähren nach skandinavien an und es gibt immer was zu sehen.

***

drei ausflüge haben wir von barendorf aus gemacht. der erste führte uns zum schloss bothmer bei klütz. neben einigen superlativen (grösste erhaltene barockanlage in mv, festonallee als einmaliges gartendenkmal) verfügt es über ein 2015 eröffnetes schlossmuseum, das das schloss und seine geschichte den besuchern auf ziemlich glückliche art und weise nahebringt.
wählt man den rundgang durch das corps de logis, sollte man auf keinen fall auf den audioguide verzichten, denn auf dem audiotrack wird die geschichte des bauherrn hans casper von bothmer erzählt. als mitglied des niedersächsischen landadel steigt er dank seine diplomatischen geschicks rasch an den kurfürstlichen hannoverschen hof auf und begleitet den weg georgs auf den englischen thron. erhoben in den reichsgrafenstand und auch finanziell gut ausgestattet beginnt er anfang des 18. jahrhunderts mit dem aufbau eines grösseren güterkomplexes und erwirbt dafür land in mecklenburg, im klützer winkel.


1726 bis 1732 wird das schloss inmitten dieser güter nach niederländischem und englischem vorbild erbaut - davon erzählen viele tafeln und pläne im haus, szenische darstellungen verknüpfen des leben des schlosserbauers mit seinem bauwerk.
hans caspar starb 1732 in london und hat weder sein land noch sein schloss jemals gesehen, geschweige denn betreten.


vermutlich war es aber auch gar nicht seinziel selbst in diesem schloss selbst zu wohnen, sondern sein eigentliches anliegen war die schaffung eines familienbesitzes. sein lateinischer wahlspruch lautet demgemäss auch: quidquid agis, prudenter agas et respice finem (was immer du tust, handle klug und bedenke das ende) respice finem - bedenke das ende ist auch auf dem giebel des haupthauses zu lesen.






schloss und güter befanden sich dann auch weitere zwei jahrhunderte im familienbesitz, der landbesitz verkleinerte sich aber durch erbstreitigkeiten und spätestens in folge der auf den ersten weltkriege folgenden depression drastisch. das schloss begann bereits im 19. jahrhundert zu verfallen, blieb aber als fideikommiss der familie erhalten bis es 1945 enteignet wurde und zunächst als lazarett und ab 1948 in der ddr als altenheim diente.



nachdem das altenheim 1994 geschlossen worden war, versuchte sich um die jahrtausendwende ein privater investor an plänen für ein schlosshotel, die allerdings nicht umgesetzt werden konnten.  2008 wurde das land mecklenburg-vorpommern neuer eigentümer und es wurde mit einer denkmalgerechten sanierung begonnen.
im kassenbereich kann man einen film des ndr über die restaurierungsarbeiten anschauen, das ist dann noch einmal ein spannendes eigenes kapitel in der wechselvollen geschichte des schlosses, die nicht einfach wegsaniert wurde: 







die räume, die ja gänzlich ohne zeitgenössisches inventar auskommen müssen, sprechen trotzdem für sich, holztäferung, deckenstuck, böden, teilweise wandplatten und öfen sind noch vorhanden und behutsam restauriert.





das schloss und sein garten sind sicher eine reise wert - nicht weil sie besonders prachtvoll oder spektakulär wären, sondern weil es hier gelingt das denken von menschen wie hans casper von bothmer uns heute nahezubringen.

***
unseren zweiten ausflug unternahmen wir von travemünde aus mit dem schiff. die trave hinauf ging es entlang von naturschutzgebieten, hafenanlagen und fischerdörfern bis nach lübeck, der stadt des marzipan und vor allem der buddenbrooks. 


der tochter hatten wir nach dem so spannenden museumsbesuch in klütz das buddenbrookhaus schmackhaft gemacht und kai und ich freuten uns als thomas-mann-leser auf diesen besuch.



 aber leider wurden wir nicht so recht warm mit dem so vielgepriesenen literaturmuseum - im erdgeschoss wird die geschichte der familie mann auf texttafeln erzählt - textwüsten, teilweise ausgefallene lampen und so ungeschickt aufgestellte tafeln, dass eine lesende person mehrere tafeln blockierte, machten uns keine freude. gut nur, dass man das meiste auch zuhause nachlesen kann ... wenn das nicht schon lange passiert ist.

ein einziges ausstellungsstück erzählte dann doch noch etwas, ein bücherschrank, den thomas mann auf seinen zahlreichen umzügen stets mit sich "schleppte", auch wenn das hohe möbeln in manche wohnung nicht hineinpasste, was ihn dann wohl sehr verärgert hat.


 immerhin waren wir uns einig, dass es sich nicht lohnte den besuch auszudehnen und machten uns auf den weg zu den anderen lübecker sehenswürdigkeiten.


 marzipan bei niederegger - wir haben es in eisform genossen.


das holstentor. ist auch schon ganz schön lange her, dass man das öfter gesehen hat . auf dem 50-mark-schein halt. es steht da sehr vom verkehr umtost und weil ich es ohne autos nicht haben konnte, dann halt mit allerhand vordergrundgerümpel.


 auf dem rückweg entdeckten wir dann noch ein paar nette strassenzüge, hatten es aber schon ein bisschen eilig wieder aufs schiff zu kommen, das uns zurück bringen sollte.


eine lübecker besonderheit sind diese gänge, wie uns eine lübeckerin erklärte. die hinterhöfe sind eigentlich öffentlich, aber doch eher so halbprivat und um in sie zu gelangen muss man sich manchmal schon recht bücken. aber malerisch zum fotografieren!


unser dritter ausflug war zwar der kürzeste, führte uns aber auch wieder in ein museum, was auf den ersten blick aber nicht so offensichtlich war. am priwall liegt nämlich die viermastbark passat, ein 1911 gebautes segelschiff mit stahlrumpf, das bis in die späten 50er jahre für den weizentransport zwischen australien und europa eingesetzt wurde. man kann das schiff besichtigen und es beherbergt neben einer jugendherberge auch wieder eine überraschend gut gemachte ausstellung.


 die geschichte des ungewöhnlichen schiffs wird nämlich anhand eines jungen aus süddeutschland erzählt, der auf der passat das seemannshandwerk erlernt. dieser junge hat tagebuch geführt und so lernt man aus seinem mund einiges über den alltag auf einem segelschiff im 20. jahrhundert.


 auf der passat entstand dann auch noch ein lustiges familienfoto, dessen misslingen uns laut lachen liess:


 nein, wir sind nicht zu ungeschickt, um den bildausschnitt für ein bild mit dem selbstauslöser zu wählen. nur die kamera stand auf einem spill (eine winde für takelage oder anker, die mit hilfe von grossen hebeln und vielen menschen auch schwere lasten heben kann) und vorübergehende besucher drehten einfach mal dran, so dass sich der winkel drastisch änderte. ich glaube man sieht die  verwunderung in unserem gesichtern. natürlich haben wir noch ein zweites foto gemacht, das ist aber eher langweilig.


so, das wäre es gewesen mit unserem sommerurlaub 2018 - ich hoffe, das liest hier überhaupt noch jemand, ansonsten ist es einfach für mich!

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