Donnerstag, 7. Juli 2022

über das velofahren

manche diskussionen sind so absurd, dass sie schon wieder lustig sind. 

eine davon möchte ich ihnen nicht vorenthalten. 

angefangen hat alles damit, dass rené scheu in seiner kolumne im blick, die argumente eines freiburger wirtschaftsprofessors wiederholend, erklärt, warum velofahren (i.e. fahrradfahren in deutschdeutsch) nicht nachhaltig ist.   das liege unter anderem daran, dass velofahrende so viel häufiger verunfallen als andere verkehrsteilnehmende und dass die krankheitskosten von der allgemeinheit mitgetragen werden müssen. und auch daran, dass man mehr essen muss, wenn man mehr velo fährt, denn auch velofahren verbraucht energie.

mal ganz ehrlich: das hielt ich für einen scherz, zumal der herr scheu am ende erklärt, dass er weiterhin mit seinem mountainbike unterwegs sein wird. 

dann spülte mir aber meine quelle für eher weniger seriöse nachrichten, aka der newsfeed meines mobiltelefons (seriöse via krautreporter und dlf für  deutschland, echo der zeit und republik für die schweiz) eine erwiderung der luzerner kantonsrätin und co-präsidentin korintha bärtsch vor die augen und ich begann zu ahnen, dass was ich als ironie gelesen hatte, wohl doch keine war. 

ganz richtig greift sie scheu vor allem damit an, dass nachhaltigkeit nicht alleine aus kostenwahrheit besteht und dass viele der unfälle nicht alleine von den radfahrenden sondern von den schlechten bedingungen im miteinander verschiedener fortbewegungsarten resultieren - fehlende oder zu schmale velostreifen und so weiter. 

auf diesen beitrag von frau bärtsch durfte dann der urheber der argumente selbst antworten, zugegebenerweise an wenig prominenter stelle, nämlich in zentralplus, einer onlineplattform für einen teil der zentralschweiz.  anstelle der kernthesen, die herr scheu herausgegriffen hatte, kommt nun ein bunter strauss an argumenten, die mich beim ersten lesen an eine situation aus der schulzeit erinnerte. kennen sie noch die erörterung? also diesen aufsatztyp, in dem man, empfohlenerweise in zwei blöcken das pro und contra einer frage erörtern sollte? und wo man manchmal die argumente für die eine seite an den haaren herbeiziehen musste? nun, da durfte man immerhin am ende einen schluss ziehen und die besseren argumente gewinnen lassen. 

zu anfang der argumentation wird viel gerechnet, die zahlen dahinter lassen sich kaum überprüfen und es scheint mir auch sehr drauf anzukommen, was man nun an kosten den jeweiligen verkehrsträgern aufbürden will, nichtsdestotrotz kommt herr eichenberger zum schluss, dass die externen kosten des velofahrens fast drei mal so hoch liegen wie die des autofahrens, unter anderem deshalb, weil die velofahrenden nicht an den kosten ihres schändlichen tuns beteiligt werden. 

positiv rechnet er dem velofahren einen gesundheitsnutzen zu - relativiert aber gleich wieder, da die meisten velofahrenden ohnehin recht sportlich seien, und so wenig von der zusätzlichen bewegung profitierten. 

noch ein zweites mal setzt er bei den kosten an, wenn es um die ausweitung des veloverkehrs geht - er warnt vor einer kostenexplosion wenn immer mehr menschen nicht nur bei gutem wetter, sondern auch bei schnee und regen aufs velo steigen, vor allem wenn das dann noch ungeübte und alte personen tun. 

den bock schiesst aber nach wie vor das argument des energieverbrauchs ab: wer mehr strampelt, muss mehr essen - wenn dieser mehrkonsum an lebensmitteln in form von fleisch oder hochverarbeiteten veganen produkten erfolgt, könnte das die ganze in eichenbergers augen schöngerechnete bilanz des velofahrens zunichte machen... 

was genau er am schluss fordert, ob er einer velosteuer das wort redet, kann ich nicht ganz feststellen, auch welchen zusammenhang das mit der abschaffung der mehrwertsteuer hat. ich vermute indessen eine in irgendeiner weise extreme wirtschaftsliberale doktrin dahinter, aber so gut kenne ich die feinen verästelungen der freiheitlichen ideen in der schweiz dann auch wieder nicht. 

jedenfalls ich habe nun ein paar bedenken mehr und frage mich:

nützt aufforstung wirklich der co2-bilanz? oder haben die forstarbeiter, die löcher graben, setzlinge anschleppen und einbuddeln müssen, nach ihrer arbeit so viel hunger, dass sie die positiven auswirkungen ihres tuns gleich wieder zunichte machen? 

und: 

wie wäre es mit einem wander- und velofreien sonntag als abhilfe in sachen nachhaltigkeit und klimaschutz? ich denke da vor allem an die vielen, vielen cervelats aus schweinefleisch, aber auch an die zucchetti und maiskolben, die unterwegs auf den grills landen, an die vielen zusätzlichen brote, die  gebacken werden, um vesperbrote im rucksach zu verstauen, damit die hungrigen wanderer die zusätzlich benötigte energie haben?



1 Kommentar:

  1. ...ja, so manches treibt seltsame Blüten, und man weiß nie soll man lachen oder weinen. Mit fahrradfreundlichen Grüßen Gabi

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