Mittwoch, 29. März 2023

vom arbeiten mit und in der natur

eigentlich habe ich gar keine zeit und noch weniger lust, hier etwas über alice fox´ "wilde fasern" zu schreiben. wenn ich das jetzt trotzdem mache, dann liegt es nur daran, dass ich wirklich vollkommen begeistert bin von diesem buch, das mir der haupt-verlag zum rezensieren zur verfügung gestellt hat (danke!). aber  viel lieber wäre ich schon draussen im garten oder im wald unterwegs und würde dinge suchen und sammeln, die ich dann nach den anregungen von alice fox verarbeiten könnte. 


dabei muss ich doch tatsächlich damit beginnen, was das buch nicht ist: es ist nämlich kein anleitungsbuch. man findet darin nur ganz wenig "rezepte" um mit gesammelten pflanzen oder gefundenen resten zu arbeiten. anstattdessen weist die autorin darauf hin, dass sich im internet reichlich bebilderte und gefilmte anleitungen finden, um einen einstieg in das thema zu bekommen - und dass ansonsten vor allem das selbst-ausprobieren der beste weg ist, sich dem ungewohnten und nicht standardisierten material aus der natur anzunähern. 

exemplarisch für den anbau von flachs, das sammeln brennesseln und das verarbeiten von brombeerranken, aber auch ganz allgemein für alles andere pflanzenmaterial geht sie zwar auf die wichtigsten grundsätze der pflanzenaufbereitung ein, viel wichtiger sind ihr aber ratschläge für eine schonende sammeltätigkeit. 



den hinweis, dass man wirklich nur so viele brombeerranken "ernten" sollte, wie man frisch verarbeiten kann, habe ich mir allerdings nicht genug zu herzen genommen. die verarbeitung vom abschaben der äussersten wachsigen schicht über das klopfen der stängel bis zum abschaben des weichen inneren marks ist dermassen aufwändig, dass ich nur ganz wenige lange triebe an einem nachmittag verarbeiten konnte. der rest wanderte vorerst in die wassertonne. 

was macht denn aber nun das buch so spannend?

anstatt anleitung bietet alicia fox anregung. und da macht sie auch nicht bei den fasern halt (weswegen ich den titel ein klein bisschen verwirrend finde) - sondern verarbeitet gefundenes aus der natur, wie blätter, schalen, hülsen, aber auch steine und dinge, die eigentlich in der natur gar nichts verloren haben, wie plastikseile und andere fundstücke. und sie hat eine klare haltung. anstatt material zu kaufen regt sie dazu an, vorhandenes zu verwenden, weggeworfenes auf seine tauglichkeit zur künstlerischen weiterverarbeitung zu prüfen und ungewöhnliche eigene weg zu gehen. 


in die - nicht besonders systematischen - kapitel eingestreut finden sich portraits von verschiedenen künster*innen, die ähnlich wie alicia fox arbeiten. und man bekommt nicht nur anhand des projekts "neun steine" mit, wie konzeptuelles künstlerisches arbeiten geht. ganz ohne theorie, sondern vollkommen praktisch. gut gefallen hat mir auch die idee eine künstlermanifests.

ich schätze das buch, weil es mich immer wieder aus dem text heraus dinge ausprobieren liess: eine schnur wickeln aus den letzten resten der gladiolen vom letzten jahr. 



oder an einem besonders kalten und regnerischen tag dem ratschlag folgen, zunächst mit leicht zugänglichen oder im überfluss vorhandenen materialien zu "üben". so ist bei mir aus einer zeitungsschnur, an der ich das drehen von schnüren geübt habe, eine kleine wulstgewickelte schale entstanden. 



auf den garten schaue ich auch mit anderen augen: während nebenan mit akribie der löwenzahn aus dem rasen gestochen wird, kann ich es kaum erwarten, die langen stängel zu ernten und sie auf die gezeigte art zu verflechten. ob dafür vielleicht auch die stängel der osterglocken taugen? 

und was ist eigentlich mit dem brombeerranken passiert? nach einer guten woche im regenbottich sind sie "gerottet". anstelle zu flachen spanartigen streifen zerfallen die ranken beim klopfen zu einzelnen fasern - die ich zu kleinen seilen drehen kann. ich glaube, das wird ein spannender gartensommer! 



1 Kommentar:

  1. ich hatte mir das buch vor einiger zeit auf englisch gekauft (leider... mein englisch ist nicht das beste), weil ich alice fox auf insta folge und dort schon einiges gesehen hatte. ich habe aber noch gar nichts ausprobiert, denn im winter war nicht so viel mit fasern. mal sehen, ob ich ein projekt finde, das mir gefällt. brombeerranken werden es definitiv nicht sein ;)! deine schnüre können sich aber wirklich schon sehen lassen.
    liebe grüße
    mano

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