noch weit vor allen anderen sehenswürdigkeiten wird für eine reise nach brünn der besuch der villa tugendhat vorgeschlagen - eine um 1930 nach den plänen von mies van der rohe gebaute moderne villa eines brünner textilfabrikanten. es ist nicht ganz einfach, dafür an tickets zu kommen, noch schwieriger eine englische (gibt es überhaupt auch führungen in deutscher sprache?) führung zu erwischen, aber wir hatten wenigstens das glück zwei plätze für eine führung in landessprache zu reservieren.
von unserem quartier aus konnten wir zu fuss zur villa gehen und weil wir mit ein sicherheitsabstand gestartet waren, uns auch zuerst einmal im garten umschauen - wegen tschechischer führung hatten wir uns schon am vorabend ein bisschen eingelesen.
das grundstück hatten die tugendhats von den eltern der jungen frau tugendhat, einer geborenen löw-beer, geschenkt bekommen, es liegt oberhalb der elterlichen villa, zwei weitere villen von anderen industriellen sind ganz in der nähe.
der blick von der obersten terrasse ist beeindruckend und geht über die ganze stadt mit peter und paul kirche und der festung spilbergk - vieles davon, was wir heute sehen, dürfte zur entstehungszeit der villa noch gar nicht gestanden haben.
nach einer einführung auf der terrasse - das gebäude ist eine dreigeschossige stahlskelettkonstruktion, was einerseits eine freie flächeneinteilung und grosse offene räume ermöglicht, andererseits auch immer eine gliederung durch die vorhandenen stützen nach sich zieht, die je nach nutzungsbereich ganz verschieden aussehen.
als erstes ging es dann in die wohnräume der familie. die möblierung ist nur zu kleinen teilen original erhalten, sondern bei der restaurierung in den achtziger jahren nach fotos und plänen rekonstruiert worden. die familie tugendhat hat nur etwa acht jahre in der villa gelebt, 1938 sind sie nach der annektion des sudetenlandes durch hitlerdeutschland vor der drohenden verfolgung als juden zuerst in die schweiz, dann nach südamerika geflohen. von den nazis beschlagnahmt, diente das haus zuerst noch als wohnhaus, nach 1945 als gebäude der roten armee und später als orthopädische abteilung des nahegelegenen kinderkrankenhauses. bereits in den sechziger jahren gab es die idee, das gebäude wieder in seiner ursprünglichen form auch der öffentlichkeit zugänglich zu machen, es dauerte aber noch bis in die achtziger jahre, bis die rekonstruktion angegangen wurde, zuerst nutzte es dann die stadt für offizielle anlässe, erst später wurden führungen ermöglicht.
unsere führung endete im untersten geschoss, wo heute eine kleine ausstellung zur renovierung des hause durch den architekten fuchs und ein devotionalienhandel eingerichtet ist, in dem man allerhand schnickschnack kaufen kann, aber auch vertiefende lektüre erwerben.
wir nutzten die gelegenheit, uns noch ein bisschen im stadtteil umzuschauen - ich hatte da nämlich noch etwas ganz spezielles entdeckt:
hier verfällt seit anfang des jahrtausends das fussballstadion za luzankami, das in den fünfziger jahren immerhin mal das grösste der cssr gewesen ist.
ein kurzer weg durch den luzanky-park brachte uns in unsere ferienwohnung zurück - wo wir eine kleine pause einlegten und feststellten, dass wir allmählich ein bisschen reisemüde geworden sind. mit den velos fuhren wir anchliessend noch das nächstgelegene postamt, gaben ein paket an die tochter in den niederlanden auf und mussten dann allerdings feststellen, dass sich die stadt, ganz anders als olmütz, so gar nicht zum radfahren eignet. es gibt zwar ein paar ausgewiesene radrouten, verführerrischerweise gerade neben unserer unterkunft, aber selbst auf diesen muss man regelmässig mit "gemischtem verkehr" rechnen, was konkret vierspurige strassen mit strassenbahn und viel verkehr bedeutet. zusätzlich begann es leicht zu regnen und ist mittlerweile richtig herbstlich geworden.
also nochmal pause, was aber auch ganz gut war, denn die suche nach einem restaurant gestaltete sich an diesem abend eher mühselig und war auch nur so halb von erfolg gekrönt. schade, es wäre unser letzter abend für ein schönes abendessen gewesen, morgen geht es ins konzert.