drei tage anreise für um die 1000 kilometer entfernung (ich habe nicht nachgesehen, nur geschätzt) - das bedeutet eben auch, dass wir an jeder zwischenstation zeit hatten, uns ein bisschen umzusehen.
am samstag in der alten heimat im städtle.
am sonntag an der berounka nach dem abendessen auf einer 20km langen velorunde.
von srbsko, wo wir im hotel u berounky übernachteten, radelten wir zuerst der berounka nach in richtung karlsteijn, einem sehr touristischen örtchen unterhalb der gleichnamigen burg. da die tagestouristen samt und sonders bereits weitergezogen waren, war es sehr ruhig und wir konnten einfach mit dem fahrrädern zur burg hochfahren. die war dafür natürlich auch schon geschlossen, deshalb gibt es nur ein bild von aussen. wir sind uns nicht einige geworden, ob wir die hrad karlstejn eventuell bei unserer ersten reise durch die damals noch bestehende tschechoslowakei angeschaut haben - mein beweisstück, ein replikat eines siegels von karl IV. ist leider inzwischen zerbröselt.
weil das wetter so gut war und wir noch ein bisschen lust zum herumfahren hatten, entschieden wir uns, vollends auf die hochfläche des böhmischen karst hochzufahren und durch ein paar dörfer wieder zurück zum hotel.
womit wir nicht gerechnet hatten: wir entdeckten das grosse und das kleine amerika - so lautet der name dieses riesigen, und inzwischen stillgelegten steinbruchs, weiter hinten gibt es dann auch noch ein mexiko.
hier wurde ab dem ende des 19. jahrhunderts hochwertiger kalkstein abgebaut - nicht für den strassenbau, sondern zunächst für die eisenverhüttung und später dann für die rauchgasreinigung der braunkohlekraftwerke.
eine tafel am rand des steinbruchs - den man nur mit führungen betreten darf - macht explizit auch auf die darin verrichtete zwangsarbeit aufmerksam, dazu konnten wir dann wenig im netz recherchieren. am aufschlussreichsten, wenn man das wording hinterfragt, vielleicht noch der (tschechische)
wikipedia-artikel:
Im Trestanecký-Steinbruch gab es während des Zweiten Weltkriegs ein Arbeitslager für Kriminelle, und in den Jahren 1945–1946 wurden hier aus verschiedenen Gründen inhaftierte oder gefangene Deutsche untergebracht.
Mit dem Beginn des kommunistischen Regimes wurde auch ein Zwangsarbeitslager für politische Gefangene im Trestanecký-Steinbruch eingerichtet, das zwischen 1949 und 1953 in Betrieb war. Die Anlage gilt als eines der schlimmsten kommunistischen Arbeitslager für politische Gefangene und wird von Zeitzeugen als „tschechisches Mauthausen” oder „Kalksteinhölle Mořina“ bezeichnet.
was ich mit wording meine: arbeitslager für kriminelle - in der protektoratszeit meinte kriminell eben häufig: jüdisch, homosexuell, politisch andersdenkend, zu einer unerwünschten volksgrupppe, zum beisepuel sinti und roma, gehörend. und nach 45 genügte es für eine einweisung ins arbeitslager, deutsch zu sein und sich zu weigern auszureisen, mehr gründe brauchte es garnicht.
im steinbruch wurde dann später auch filme gedreht und mittlerweile leben in den ehemaligen stollen verschiedene fledermausarten - was, ich würde wetten, sicher besser erforscht ist, als die geschichte der steinbrüche zwischen 1938 und den sechziger jahren...

die rückfahrt wurde dann noch ein bisschen abenteuerlich: eine strassensperrung und der einzige weg, der uns in sinnvoll erscheinender strecke zurück an die berounka brachte verlief entlang eines flüsschens im wald und entpuppte sich mehr als wanderpfad denn als strässchen... ein bisschen dreckig wurden wir auch, immerhin sind wir nicht unfreiwillig abgestiegen.
am montag ging es dann weiter in richtung osten, zunächst folgten wir noch ein stück der berounka, dann nahmen wir die autobahn richtung brünn, die wir in jihlava verliessen und über land nach telč fuhren. das städtchen telč ist bekannt für seinen renaissance-marktplatz mit vielen schönen fassaden.
die häuser mochte ich besonders:
sgraffito-technik und dann noch der giebel - das haus hebt beinahe schon ab...
da war unten ein café mit scheusslichen möbeln davor - 200 jahre jünger als der nachbar überzeugte mich die fassade mit blumenornamenten.
das war so schön zurückhaltend und: das fenster im giebel!
wir assen ein gezapftes eis (softeis, ist ein muss, wenn wir in tschechien sind), spazierten ein bisschen über den platz und auf dem rückweg zum auto entdeckten wir dann noch das:

und dann dachten wir, dass wir die letzten 150 kilometer bis zum ferienhaus schnell zurücklegen würden - hatten aber nicht mit den recht lustigen ideen der karten-app gerechnet, die auch auf den wildesten nebenstrecken die erlaubten 90 stundenkilometer zugrunde legt für die fahrtzeit. und obwohl wir am schluss über die nebensträsschen quasi flogen, waren wir dann eine halbe stunde zu spät am ferienhäuschen am fischteich. und ich ein bisschen zu müde um sinnvolle fragen auf tschechisch zu stellen. wir wurden mit reichlich tipps fürs fahrradfahren und einkaufen versorgt, auf die wichtigkeit des abschliessens aufmerksam gemacht und eingeladen, die äpfel von den bäumen zu verkosten. nach handtüchern zu fragen haben wir vergessen. als der vermieter weg war, brachten wir dann nur schnell unser gepäck ins haus und die velos in den schuppen und fuhren einen ort weiter zum einkaufen und abendessen. obwohl die verschiebung der tageszeit nur etwa eine halbe stunde ausmacht, muss man ja hier immer fürchten, dass man später nichts mehr zu essen bekommt. wir assen mittelgut in einem sehr vollen biergarten und drehten anschliessend noch eine runde durch valtice.


das werden wir in den nächsten tagen alles noch genauer anschauen!
Ein sehr interessanter Post, habe ich mich doch grade durch den Besuch des Sudetendeutschen Museums in München mit meinen familiären Wurzeln in Mähren auseinandergesetzt. Ich werde also eure Reise interessiert verfolgen.
AntwortenLöschenSonntagsgrüße!
Astrid
Liebe Astrid - vom Sudetendeutschen Museum hatte ich bei Dir gerade gelesen und das steht nun auch ganz oben auf unserer Liste. Meine Vorfahren sind ja vor so langer Zeit nach Süddeutschland eingewandert, dass man das vernachlässigen kann, aber mein Mann hat von beiden Eltern her Wurzeln in Böhmen und Oberungarn, heute Slowakei. Und weil wir ja selbst ausgewandert sind, beschäftigt uns das Thema schon noch sehr. Danke, liebe Grüsse, Stefanie.
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