was machst du eigentlich den ganzen tag, fragt frau brüllen wie immer am fünften des monats.
nun war der heutige tag eher eine ausnahme und eben nicht repräsentativ für das was ich "eigentlich den ganzen tag mache" - ein ausnahmetag in der situation, in der wir seit mittlerweile seit sechs monaten leben ohnehin, aber auch sonst wäre es eher ein besonderer tag gewesen.
heute war nämlich der tag der offenen türen in dem ehemaligen industrieareal, in dem meine werkstatt für handfilz und filzkurse seit mittlerweile fast drei jahren zuhause ist. lange zeit habe ich nicht geglaubt, dass der tag stattfinden wird, vor allem, nachdem bereits der weihnachtsmarkt im november abgesagt worden war, als die zahl der entdeckten neuansteckungen mit corona noch gar nicht, oder zumindest nicht wie gerade jetzt, am steigen war. lange zeit hörte ich auch kaum mehr etwas von der verwaltung des areals, dann ging plötzlich alles ganz schnell: ein grosses paket mit flyern, die den tag ankündigten, lag in meinem briefkastenund die werbemaschinerie auf social media lief an. immer noch jederzeit mit einer absage rechnend, bereitete ich mich dann auch auf diesen tag vor. die vorfreude ein bisschen gebremst durch den gedanken an die pandemie.
und wie lief es denn dann?
morgens gab es zuerst noch gemütliches familienfrühstück auf der terrasse, dann fuhr ich gegen halb elf in die werkstatt. im areal waren sichtbar schon am abend zuvor die vorbereitungen am laufen gewesen, nun standen überall draussen tische und bänke und hinweistafeln und tischchen mit desinfektionsmittelspendern. ich stellte schnell auch meinen filztisch vor dem einem der in der werkstrasse gegenüber gelegenen räume auf, mit deren benutzerin ich das schon im vorfeld abgesprochen hatte - mein plan war, damit menschen auf meine werkstatt aufmerksam zu machen, die nur durch die werkstrasse bummelten. meine werkstatt liegt nämlich ein bisschen versteckt. diese massnahme erwies sich dann durch den tag durch als eigentlich gar nicht so notwendig. aber zum start in den tag war es schön, unter den anderen teilnehmer*innen zu sein. gleichzeitig setzte eigentlich mit dem offiziellen beginn des tages um elf uhr ein steter besucherstrom ein. ich filzte die ersten eineinhalb stunden aber wirklich noch tapfer und vor allem zog ich, wie meist, kinder damit an, die ihren eltern erklärten, dass sie auch schon mal gefilzt haben. das ergibt sich dann oft ein guter einstieg in ein gespräch. gegenüber wurden würste gebraten, nebenan gab es tacos, weiter die werkstrasse hinauf ein malangebot und es kamen immer noch mehr und mehr besucher.
gegen halb eins kam kai mit blumen und süssen stückle und wir zogen uns für eine tasse kaffee in die werkstatt zurück - wo allerdings auch der besucherstrom kaum abriss. draussen auf der terrasse wurden die ersten biere getrunken, ein dj legte in der grossen giessereihalle auf und beschallte die terrasse... und leider teilweise auch bis an die brüllgrenze meine werkstatt.
ich entschied, mit kai trotz vieler besucher eine erkundungsrunde durch die verschlungenen und versteckten treppenhäuser und flure des areals zu machen. tatsächlich kamen wir nicht weit und erkundeten den östlich von der werkstatt gelegenen teil der gebäude nur so halb, sahen künstler*innenateliers im schuhschachtelformat, architekturbüros mit grandioser aussicht, maltherapieräume, die zum tun anregten und vieles, was wir auch nicht näher anschauten, weil ich das gefühl hatte, auch mal wieder in der werkstatt anwesend sein zu sollen.
blick in die noch nicht so belebte werkstrasse |
irgendwann nach zwei waren wir wieder zurück in der werkstatt - die sonne hatte mittlerweile meine filztische im freien erreicht und ich probierte ein bisschen mit einem neuen stellplatz herum, allerdings konnte ich keinen so richtig guten finden, an neuen ort stank es aus einer entlüftung, ich zügelte also zurück in die sonne. allerdings erledigte sich das problem dann von alleine, denn immer öfter wurde meine anwesenheit in der werkstatt gewünscht und zum schluss blieb ich dort, weil die besucher sich ohnehin in alle winkel des gebäudes vorwagten und auch wirklich viele gezielt oder nur zufällig in meine versteckt gelegene werkstatt fanden. oder vielleicht liegt sie ja auch gar nicht so versteckt?
es ergaben sich viele gute gespräche, es gab viel interesse an den ausgestellten kursinhalten, es kamen auch einige menschen vorbei, die mich dort überraschend entdeckten.
mehrmals nahm ich anlauf, um das museum der ehemaligen armaturenfabrik zu sehen, einmal kam ich bis zur werkstatttüre, beim zweiten mal immerhin bis in die werkstrasse, beim dritten versuch war ich schon auf dem richtigen geschoss, und drehte gemeinsam mit menschen, die meine werkstatt suchten, wieder um. gegen halb sechs gelang es mir endlich, den raum, der mit alten armaturen und bildern gefüllt ist, zu sehen und ein glas wein aus den arealeigenen weingärten zu trinken. auf dem weg hinunter nahm ich wieder eine besucherin auf der suche nach mir mit.
die signaletik im areal ist nach wie vor eine katastrophe, und wurde auch nicht besser dadurch, dass nun anstatt der mit nummern versehenen eingänge in den farblich bezeichneten arealen, die schon länger in verwendung sind, plötzlich wieder die gebäudenummern verwendet wurden, die eher verwaltungseinheiten bezeichnen, aber zur orientierung nur sehr bedingt taugen, wenn ein gebäude drei eingänge hat, die jeweils eine eigene etage erschliessen, es aber im gebäude keine möglichkeit gibt, zwischen den etagen zu wechseln. für die meisten besucher war das aber heute nicht so wichtig, weil sie ohnehin durch das gelände streiften - wer allerdings etwas bestimmtes suchte, war oft auf hilfe angewiesen.
kurz vor sechs wurde ich dann von kai und tochter abgeholt - und ich war eigentlich ganz froh, dass ich einen anlass hatte, die werkstatt trotz noch immer belebtem areal ganz allmählich zu schliessen. der ausschank der neben mir gelegenen brauerei wurde mir mit zunehmender (alkoholbedingter?) ausgelassenheit pandemietechnisch einfach ein bisschen zu locker genommen. ja, da wurde von seiten der betreiber sicher vieles richtig gemacht, indem beim eingang deutlich auf die situation hingewiesen wurde, und neben dem üblichen desinfektionstischchen auch die dringende bitte, sich für den aufenthalt entweder digital oder analog zu registrieren, platziert, ja, da wurde sogar für den aussenbereich eine registrierung deutlich gewünscht, aber die gäste vergassen je länger je mehr vorsicht und abstandhalten, kinder rannten herein und heraus, am töggelikasten (meiner meinung sowieso so ein unding in pandemiezeiten...) ging es hoch her und ich war froh, den ort zu verlassen, bevor es weiter eskalieren konnte. das fühlte sich für mich einfach nicht mehr gut an.
bevor wir aber die türen wirklich schliessen konnten, ergaben sich noch zwei gespräche zwischen tür und angel, wieder gute gespräche und ich kann nur hoffen, dass die beiden damen entweder meinen allmählich aufkommenden fluchtinstinkt nicht spürten oder wenigstens nicht auf sich bezogen.
wir radelten dann in die stadt, um das von der tochter gewünschte burgeressen, das eigentlich zum ende der ferien hätte stattfinden sollen, nachzuholen. im ersten wunschlokal war im aussenbereich kein tisch mehr frei, aber unterwegs zur zweiten wahl kamen wir am englischen pub vorbei, und da der auch für seine burger gelobt wird und da gerade zwei (!) dreiertische draussen frei waren, entschieden wir uns kruzfristig um und assen dort wirklich leckere burger. mit blick auf die fussgängerzone und leckeren englischen getränken: london pride, cider und ginger ale.
zuhause nicht mehr viel, noch ein glas wein auf dem balkon und dann früh zu bett. der tag war überraschend anstrengend gewesen.
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