tagebuchbloggen um etwas noch nie dagewesenes festzuhalten.
den ganzen tag, auch die tage zuvor lag es in der luft. für die für den nachmittag angekündigte medienkonferenz des schweizer bundestags wurde die mittleilung weiterer massnahmen zur eindämmung der ausbreitung des coronavirus erwartet und nachdem am morgen schon klar war, dass einzelne deutsche bundesländer die schulen schliessen würden, kam es am nachmittag nicht mehr überraschend: hier in der schweiz sind die schulen nach einem bundesratsbeschluss vorerst bis 4. april geschlossen. auch für veranstaltungen gelten strengste richtlinien. betriebe sollen, so es möglich ist, ihren mitarbeitern das arbeiten von zuhause aus ermöglichen. soziale kontakte sollen auf das mindestmass eingeschränkt werden. und das alles um die ausbreitung des coronavirus und der lungenkrankheit covid19 zu verlangsamen.
doch der reihe nach, denn der alltag lief ja heute noch einigermassen normal.
frühstücken, tagebuchbloggen, kai im homeoffice, noch nicht wirklich wegen der virusprävention, sondern wegen des anstehenden zahnpflegetermins. ich ordnete und säuberte wie immer freitags den haushalt, mit radiobegleitung durch den deutschlandfunk, der schulschliessungen in bayern und dem saarland für die kommenden wochen vermeldete. um zehn kaffeepause mit kai, wir verabredeten einen termin für die steuererklärung, deren pünktliche abgabe vielleicht auch nicht mehr so dringend interessiert, aber erledigt ist erledigt und abendveranstaltungen liegen auch keine mehr an, so dass wir diese pflicht auch wieder einmal in der vorgesehenen frist erledigen können.
zum mittagessen um zwölf kochte ich gefüllte ravioli aus dem päckchen und dazu einen salat - das mittagessen verlief nicht sehr harmonisch, denn da es schwierig ist, an die vernunft einer bewegungsfreudigen 15jährigen zu appellieren, verboten wir der tochter den abendlichen besuch des turntrainings, in dem sie halt doch noch mal mit einer ganz anderen gruppe an menschen zusammentrifft als in der schule. so darf sie traurig und wütend auf uns sein und muss sich gegenüber der trainerin - wenn das überhaupt noch notwendig sein sollte - nicht verteidigen, sondern kann es auf uns, ihre eltern, schieben.
nach dem mittagessen fahre ich in die werkstatt - ist es eine gratwanderung, jetzt noch die offene werkstatt anzubieten? vermutlich ja, aber irgendwie muss ich auch geld verdienen, denn die miete werde ich weiterhin bezahlen müssen. die gruppe ist nie gross, heute habe ich wieder nur eine besucherin, die ich namentlich und mit adresse kenne.
ein gitterschal entsteht, ganz aus einer farbe, einem schönen steingrau und noch nicht allzu gross, so dass er gegen fünf uhr schon fertig ist. ich freue mich an der freude der filzerin über ihre arbeit. in dem augenblick trifft dann auch das mail der schule ein, das die schulschliessung bestätigt. ich mache noch eine kleinigkeit fertig, schliesse dann die werkstatt und fahre nach hause. heute kann ich eh nichts mehr sinnvolles arbeiten.
zuhause ist die stimmung etwas bedrückt, aber auch nicht schlecht, die nachrichten von weiteren einschränkungen des alltagslebens kamen ja nicht überraschend. ich telefoniere mit meiner mutter, der plan, sie am montag zu einer ambulanten augenoperation zu begleiten steht, die arztpraxis hat auch nicht abgesagt.
die mailbox füllt sich mit absagen von veranstaltungen, bei instagram lese ich von kompletten schliessungen von clubs für die kommenden wochen. ich selbst werde den gestern noch erwähnten kinderfilzkurs absagen, aber das hat noch ein wenig zeit - vermutlich werden sich die eltern auch schon denken, dass er nicht stattfinden kann.
und mitten hinein in diese vielen vernünftigen meldungen platzt dann ein mail des zentrum paul klee und der dortigen creaviva-werkstatt: da werden allen ernstes mit dem hinweis auf die schulschliessungen und die vielleicht nun komplizierte betreuungssituation für die eltern kinderkurse für die kommenden wochen organisiert. ich frage mich, ob das nur dumm oder dumm und dreist oder skrupellos geschäftstüchtig oder was auch immer ist. und natürlich auch, an welchen ecken und enden nun solche angebote aus der erde schiessen werden wie pilze, denn die betreuungsituation ist selbstverständlich kompliziert. ich kenne auch nicht die rechtlichen hintergründe für eltern mit kleinen kindern, wir haben ja hier die luxuriöse situation mit einer fast erwachsenen tochter und flexiblen arbeitszeiten und uns deshalb nicht schlau gemacht.
auch wir werden uns da irgendwie durchwursteln müssen. die tochter ist in den kommenden wochen zuhause. die schule, davon gehen wir aus, organisiert materialien und stellt sie den schülerinnen zur verfügung, so dass weiter gelernt werden kann. prüfungen können unter erhöhten hygienemassnahmen stattfinden, das wird aber sicher eine weile dauern, bis die schulen das organisiert haben. ansonsten empfehlen wir der tochter die ideen von herrn rau, die er anlässlich des letzten schultags vor coronaausfall für seine schüler aufgeschrieben hat (einziges problem: wir haben keine ukulele, aber wir hätten dafür ein schwizerörgeli, was auch gehen sollte).
kai wird mehrheitlich im homeoffice arbeiten und nur zu absolut notwendigen terminen in sein büro fahren. so kann er auch den öffentlichen verkehr meiden und wenn notwendig, muss er wenigstens nicht zu stosszeiten unterwegs sein.
für mich ändert sich nicht viel: da ich ja alleine in meiner werkstatt bin und zu fuss oder mit dem velo dort hingelange, werde ich weiterhin arbeiten wie gewohnt. kursanmeldungen habe ich - bis auf die kinderkurse, die ich absagen werde - momentan sowieso keine. finanziell werde ich sehen müssen wie es weitergeht, aber da bin ich ja nicht die einzige. ich mag auch noch nicht so recht in das jammern einstimmen, das schon anfang der woche teilweise anhob. ich denke, da gibt es ganz andere herausforderungen anzugehen, als ob nun das eine oder andere stückchen filz mehr entsteht und verkauft wird.
wobei ich denke, dass es momentan nicht einfach ist, solche momente zu erleben, wie heute nachmittag in der werkstatt, momente des konzentrierten tuns, der freude am material und später am entstehenden und dann dem entstandenen produkt. ich denke an den ganzen frühling, der da draussen vor der tür stattfindet - momentan überlagert von so vielem neuem und die menschen dringlich beschäftigenden und belastendem. mir selbst ging es in den letzten tagen öfter so, dass ich denken musste, ach ja, da blüht es ja jetzt auch. es wird warm, man kann draussen sein und die sonne geniessen. aber irgendwie erschienen mir diese gedanken dann auch ein bisschen frivol.
so, jetzt bin ich aber sehr vom tagesbericht abgekommen: zum abendessen gab es pommes frites mit salat und selbstgemachtem ketchup, danach spielten wir eine partie "genial" aber für eine zweite waren dann doch alle zu müde. denn obwohl es zu erwarten war, jetzt wo es real ist, ist es auch ganz schön anstrengend, sich den alltag für die kommenden wochen auszudenken.
gelesen: jamaica inn
gehört: nachrichten, und ich weiss nicht mal, ob zu viel davon.
was wir im garten suchen, ist die gegenwelt. der schönste ort auf erden. ein zaun gehört drum, allenfalls ein türchen ist erlaubt. dieser ort kann überall sein. manchmal ist er nur im kopf.
Samstag, 14. März 2020
1 Kommentar:
deine kommentare sind hier willkommen - ich freue mich über deine gedanken zu meinen texten und bildern!
folgendes musst du aber wissen:
kommentare und profildaten werden an google übermittelt. es ist ebenfalls möglich, anonym zu kommentieren, hier wird nur deine ip-adresse zu meiner sicherheit gespeichert. zur datenverarbeitung und zu deinen widerrufsmöglichkeiten verweise ich dich auf die datenschutzerklärung (link oben im blog).
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Guten Morgen liebe Stefanie
AntwortenLöschenSchulen zu, ich hätte es nie gedacht, dass dies wirklich gemacht wird. Ich bin, wie du auch, in der glücklichen Lage, dass die Teenager sehr selbständig sind und nicht mehr grossen Betreuungsaufwand benötigen.
Ich wünsche dir einen sonnigen Samstag und liebe Grüessli
Eda