Sonntag, 14. Juni 2020

13. juni 2020 - herrscht nun coro normal?

ich habe mir den heutigen titel von der aktuellen ausstellung im stadtmuseum in aarau ausgeborgt, das nach lockdown und wiedereröffnung sich spontan in einem interaktiven angebot der frage widmet, wie das museum als erinnerungsspeicher mit deraktuellensituation verfahren soll, aber auch was die notwendigen schutzmassnahmen für den betrieb des hauses und den austausch bedeuten. der titel enthält auch ein wortspiel, das ich zuerst nicht verstanden habe - das "coro" kann nämlich auch für ein lässig ausgesprochenes courant stehen, und der "courant normal" ist in der schweiz wo etwas wie der normale (geschäfts)gang der dinge.

ein bisschen ärgere ich mich jetzt, wo ich das nachgelesen habe, dass wir nicht wenigsten kurz ins foyer des stadtmuseums hinein geschaut haben. wir waren nämlich heute, nachdem ich mir am morgen neue brillengläser anmessen lassen hatte, im städtchen aarau unterwegs. zuerst holten wir die ausstellung der diesjährigen manor-preisträgerin denise bertschi nach, die tatsächlich nur aus drei räumen besteht. alleine die videoinstallation zu den beziehungen der aarauer industriellenfamilie zu brasilien war den besuch wert. auch wenn ich die arbeit nach wie vor eher aus historischer als künstlerischer hinsicht spannend finde, mag ich das assoziative vorgehen von bertschi.
das kunsthaus war am samstagvormittag extrem leer. die corona-schutzmasssnahmen bestanden vor allem aus der bereitgestellten handdesinfektion und einer begrenzten besucherzahl, die aber wohl bei weitem nicht ausgeschöpft war.

vom kunsthaus schlenderten wir durch das städtchen, das für einen samstagvormittag ebenfalls sehr ruhig wirkte, nur die strassencafés waren durchgehend gut besetzt. wir setzten uns auf den platz an der reformierten kirche, mit einem kaffee und gipfeli aus der bar garage in der sonne. weiter ging es dann an besagtem stadtmuseum vorbei und hinunter an die aare zur alten stadtgärtnerei. das war dann unser  erster zweckfreier bummel durch eine stadt, und auch mein erster cafébesuch nach dem lockdown.


überall begegnet man umstellung in den abläufen - am wenigsten noch in der aussengastronomie, aber zum beispiel eben auch in der gärtnerei, wo jetzt ein- und ausgang getrennt sind. und natürlich beobachteten wir, was sich verändert hat, wo man die auswirkungen deraktuellenlage spüren und sehen kann. an der oberfläche wirkt alles wieder fast normal, aber darunter, vor allem im umgang mit den menschen, bleibt eine verunsicherung zurück.


auch eine sehr persönliche verunsicherung - wie ernst nehme ich jetzt noch die schutzmassnahmen, wie ernst nimmt mein gegenüber sie? jetzt, in dem augenblick, in dem wir uns begegnen, aber auch ganz allgemein? wie nimmt mein gegenüber mich wahr, wenn ich mir bestimmte dinge - noch - nicht wieder zutraue? wird mir vorsicht als misstrauen ausgelegt? oder ist diese vorsicht nicht doch wirklich ausdruck meines misstrauens?
aber auch umgekehrt: was mute ich anderen mit meinem verhalten zu? wird mein gegenüber mir sagen, wenn sie von mir ein anderes, vorsichtigeres verhalten wünscht? welchen einfluss hat die art unsere beziehung darauf? nehmen wir rücksicht auf die schwächste, oder gibt der den ton an, der am wenigsten bedenken hat?

im grunde genommen müssen wir nun, wo nicht mehr vorgaben offizieller stellen unser verhalten stark reglementieren und einschränken, gesellschaftliches miteinander neu aushandeln. und das ist anstrengend.

sonst noch so?
am spätnachmittag sehr heiss und drückend, gegen abend starker wind, aber dann doch kein annähernd so starkes gewitter, wie befürchtet, nur einiges an regen.
zum abendessen pizza zu dritt, danach ein weiterer film von werner herzog mit klaus kinski, woyzeck. ich merke, dass ich grosse teile des texts immer noch sehr gut kenne, der film bleibt eng am theaterstück.

1 Kommentar:

  1. Ich war jetzt 5Tage an einer Clownweiterbildung. Am ersten Tag hat man sich noch etwas bemüht um die Sicherheitsmassnahmen einzuhalten. Am zweiten war schon alles vergessen.
    Im Zug hat fast niemand eine Maske an. Ich traue dem Frieden nicht, werde aber lernen müssen, das Risiko ein stückweit zu verdrängen.
    Herzlichen Grüsse, Katharina

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